Haflinger auf S-Dressur

Gestern war ich bei einem Cellistenkonzert auf Schloss Nymphenburg. Es war wunderschön. Junge, ausnehmend talentierte Menschen haben für wohlhabende (ich war die Ausnahme) und vermutlich anderweitig Talentierte leicht verdauliche Ouvertüren-Gassenhauer in königlichem Ambiente gespielt. Schließlich ging es um ein Stiftungskonzert und da gilt wie allerorten, wo etwas verkauft werden soll: der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Und so waren die Stücke durchweg beinahe zum Mitwippen bekannt. Ich muss zugeben, ich hatte keine Ahnung, dass diese doch eher schwerfällig daher kommenden Instrumente eine solche Bandbreite in sich haben. Und gerade beim Hummelflug hatte ich kurz die Vision, als würden Haflingerpferde eine S-Dressur gehen. Die Cellos natürlich, die Künstler hingegen waren von elfenhafter Statur.
Handlung gibt’s ja bei Konzerten eher weniger und konnte ich mich voll auf die Cellisten konzentrieren. Da war eine junge Frau, die während ihres herausragenden Spiels immer noch die Zeit fand, wie ein sorgsamer Hütehund der Reihe nach ihre Kollegen anzulächeln, so lange, bis diese auch zurück gelächelt haben. Nun bin ich beileibe kein Kenner, aber wenn ich einen künftigen Star vor mir sehe, erkenne ich das. Sie hatte dieses Leuchten, diese Präsenz, die Talent von Gabe unterscheidet, weil sie das, was sie getan hat, gelebt und geliebt und übertragen hat.
Weil ich sie gar so angehimmelt hatte, hat sie mich auch in ihren Lächelblick mit einbezogen und nach einer Weile, beim Ritt der Walküren, mussten wir aufpassen, dass wir nicht in einen dieser Lachflashs kommen, weil es einfach so schön war. Ich gehe dann immer von mir selber aus und denke mir, wenn ich da sitzen würde, würde ich mich auch freuen, wenn jemand eine Reaktion zeigt und nicht nur so vor sich hin starrt. Und sie hat offenbar Dasselbe gedacht. Scheint eh eine ganz passable Art zu sein, durch’s Leben zu gehen: wie möchte man selbst behandelt werden? Worüber würde man sich freuen?

One thought on “Haflinger auf S-Dressur

  1. Wunderfeine und schöne Beobachtungen. Ich wünschte, ich könnte diese teilen oder sogar selbst machen. Aber ich bin noch weiter als ein Haflinger von der S-Dressur entfernt ist, davon entfernt. Meine Welt ist doch unmerklich vom prallen, das machen wir auch noch, auf vier, derzeit hellgelbe Wände mit dem Motto, nur ganz langsam, das wird schon wieder, und für Dein Alter bist du ja……. erstaunlich fit, nur weil ich meine Zähne, (Gottseidank noch meine!) alleine geputzt habe. Dass ich, um die acht Schritte zur Zahnbürste zu machen, zehn Minuten, einen geduldigen Begleiter und zwei Anläufe gebraucht habe, muss ja keiner wissen. Es ist schon erschreckend, wie das Leben einen zurechtstutzt und kleinkriegt, aber dadurch auch zu massivem Widerstand zwingt. Also, Cello werde ich sicher nicht mehr lernen, mir genügt es, auf einer Gnadenbrotweide, um bei den Pferden zu bleiben, herumzustehen, um nicht zu sagen zu tollen. Ich werde üben!

Schreibe einen Kommentar zu Prunkschaf x

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert