LG S.

Kommuniziert wurde schon immer. Ist man früher vom Herrschaftshaus zum Markt oder zur Kirche gelaufen, vielleicht mit einem schweren Korb Eier oder auf der anderen Seite der Welt lebend in der Kutsche an der Magd mit dem schweren Korb Eier vorbeigefahren, hat man immer jemanden getroffen, der etwas zu erzählen hatte. Die Eiermagd aus dem Schloss konnte der Näherin, die ebendahin unterwegs zum Anpassen der neuen Ballrobe war, berichten, dass die junge Herrin schon wieder nichts gefrühstückt hat und vielleicht guter Hoffnung ist? Oder dass der Kutscher ein immer üblerer Trunkenbold wird oder das neue Zimmermädchen es faustdick hinter den Ohren hat. Die Näherin ihrerseits konnte kontern, dass es um den Pfarrer und seine Moral auch nicht zum Besten steht und man ihn schon des Öfteren gesehen hat, wie er den Mädchen nach der Feldarbeit beinahe lüstern hinterher geschaut hat.
Solchen oder ähnlichen Tiefgang haben die Gespräche früher gehabt. Und die von heute sind ganz ähnlich. Sie werden oftmals zwar auch Meeting genannt, aber es geht im Grunde wohl immer um Dasselbe, sich austauschen, Nähe schaffen, auf dem Laufenden bleiben bei Dingen, die einen unmittelbar betreffen oder sich ausschütteln vor Grauen oder lachen. Dabei ist es vollkommen wurscht, ob sie in Dialekt oder Hochsprache, am Telefon oder direkt geführt werden. Selbst in Kriegszeiten haben sich die Morser Scherze zugemorst, einfach weil es menschlich ist.
Auch all die Abkürzungen, die vermeintlich cool und lässig, in Wahrheit jedoch genauso peinlich, weil veraltet wie moonwashed Jeans sind, gehören wohl oder übel zur menschelnden Kommunikation dazu und Blogs, in denen man über Belangloses schreibt, ja, klar, die auch. Alles dient dazu, sich nicht so alleine auf der Welt zu fühlen, Teil von etwas zu sein, zu lernen und irgendwo auch zu überleben.
Erstaunlich an der heutigen Kommunikation ist jedoch, dass jemand eine ellenlange Textnachricht auf dem Handy tippt, darüber berichtet, was er wann und wo gegessen hat, was er als nächstes tut oder mit welcher Verspätung er vermutlich zu dem seit Tagen ausgemachten und reservierten Treffen kommen wird und diese Nachricht dann mit „LG S.“ beendet.

4 thoughts on “LG S.

  1. Jetzt geht das schon wieder los, ich muß an den Rechner und nachschauen was LSG heißt. Bereits heute morgen habe ich schon mal gekuckt was Roflcopter gtfo heißt. Habe es gelesen, nicht verstanden und sofort vergessen. Fühle mich etwas panisch, so wie meine Oma zu Beginn der Fünfziger Jahre, wenn das Telefon geklingelt hat. Sie hat es lange angeschaut, ist dann unter Vorbehalt und Einhaltung einer Armlänge Sicherheitsabstand hin und hat staunend gelauscht. Ich lese voller Erstaunen, welcher Unsinn den Menschen einfällt, nur um immer noch schneller zu kommunizieren. Und wofür? Um mehr Zeit zu haben, für was? Um sich sowas auszudenken?! Also wirklich. Es ist schade, wir nutzen die gewonnene Zeit nur dazu, um weiterzuhetzen auf dem Weg ins vermeintliche Paradies. Ich habe dazu keine Lust und finde es toll, dass mir jeder glaubt, wenn ich sage, dazu bin ich zu alt.

  2. Liebes Prunkschaf, es heißt nicht LSG, das heißt bestimmt auch was, sondern LG S., was im letzten Buchstaben variabel ist. LG steht für Liebe Grüße, alternativ GLG, Ganz liebe Grüße und dann kommt nur noch der Anfangsbuchstabe des Lieb oder Ganz lieb Grüßenden.

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