Das (re)kultivierte Seidenhuhn

Man geht nie dümmer heim, als man weg ist. Das ist einer meiner Lieblingssprüche. Und auch am Wochenende war es wieder so. Anlässlich einer Familienfeier waren wir in einer herrlichen Buschenschenke und davor und darin und auch in den Weinbergen liefen die eigenartigsten Vögel rum. Plüstrig, weiß, seidig, mit zartem Angoraflaum an Kopf und Schwanz. Das, so sagte Zia Luciana, sei eine alte Hühnersorte, die sie aus ihrer Kindheit kenne und die am Aussterben war. Und jetzt hat man sie rekultiviert. Es ist die Rasse des Seidenhuhns. Schön, solche Rekultivierungen. Sehr putzig anzusehen und wenn man Experten glauben darf, ausgesprochen köstlich im Verzehr – auf den Federn schläft man sicherlich auch ganz weich.
Weniger schön sind all die Nahrungsmittelunverträglichkeiten, die zurzeit kultiviert werden. Beinahe jeder hat eine. Wer keine hat, steht auf dem Empfindungslevel eines Wildschweins. Ich zum Beispiel. Fast wäre ich geneigt, mir eine zuzulegen. Es ist so glamourös, vor versammelter Mannschaft immer wieder zu fragen, ob da auch wirklich keine einzige Zwiebel oder nicht ein Gramm Brot drin ist oder ob es auch laktosefreies Vanilleeis gibt. Man ist halt gleich ein bisschen besonderer und der, der alles wahllos und nur nach den Maßstäben des Schmeckt oder Schmeckt-nicht in sich hinein mümmelt steht etwas undifferenziert da. Um in jedem Fall politisch korrekt zu bleiben, sind selbstverständlich die armen Menschen ausgenommen, die wirklich unter solchen Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten leiden. Da es sich hierbei um lediglich 3-4 Prozent der Bevölkerung handelt, treffe ich statistisch betrachtet, nicht allzu viele. Höchstens die Nahrungsmittelindustrie mit ihren fabelhaft teuren Nischenprodukten, die wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, könnte mir gram sein.
Das zauberhafte Seidenhuhn übrigens isst auch alles, was ein normales Huhn eben so zu sich nimmt.

3 Gedanken zu „Das (re)kultivierte Seidenhuhn“

  1. So wie ich die Presse verstanden habe, wurde z. B. die jetzt gerade besonders gepflegte Laktoseunverträglichkeit einzig und allein von den Herstellern der besonders hierfür geeigneten Produkte geschaffen, forciert und mittlerweile zu einer Volkskrankheit gemacht. Es so einfach, Geld zu machem. Man muss nur besonders habgierig sein. Fast wäre ich nach dem Genuß eines Hühnchens mit Sahne und Wein dazu auch auf diesen Wagen aufgesprungen. Heute weiß ich, dass ich ganz andere Dinge nicht vertrage. Das Leben allgemein, scheußliche Handtaschen oder Schuhe z.B. Oder diese Allergiker, die nichts anderes wollen, als mit evtl. Krankheiten Rücksichtnahme zu erzwingen. Ich habe jetzt eine Woche mit Schonkost hinter mir, hallo, dann bin ich lieber gesund. Oder eine meiner hypochondrischen Schwägerinnen, die, man merke auf, einen Schwindel hat, den sie garnicht merkt. Tja, was es alles gibt. Ich freue mich jetzt wieder auf ein fettreiches, zuckriges nicht basisches „ungesundes“ Essen. Mahlzeit.

  2. Habe gerade eine basische Leberkässemmel zu mir genommen, so wie es sein soll: riesige Scheibe in kleiner Semmel, lecker. Noch besser finde ich den neuen Diäthype wo dem Körper vorgegaukelt wird, dass er schwanger ist. Meine junge Freundin hat es gemacht und sieht jetzt aus wie ein Biafrakind, ganz dünne Ärmchen. Gott, haben die Leute keine anderen Probleme.

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