Gestern ist der Großmeister des Yogas Iyengar gestorben. Mit 95 Jahren. Lebt fröhlich und sterbt erhaben war der Rat, den er Schülern gerne an die Hand gegeben hat. Durch ihn hat Yoga seinen Siegeszug in der westlichen Welt maßgeblich begonnen und bis zu seinem grandiosen Erfolg heute fortgesetzt. Yoga bedeutete für ihn in erster Linie die Bändigung des Geistes. Und das ist am besten durch Meditation (sehr schwierig) oder durch Körperübungen (kommt drauf an) möglich. Einfach, weil kaum Zeit bleibt, sich um irgendetwas zu sorgen, wenn man den Fuß hinter dem Ohr wieder hervorzuzerren versucht. Aber – so wurde mir gesagt – Yoga bedeutet auch, Dinge zusammen zu bringen. Kochen zum Beispiel kann genauso Yoga bedeuten, wenn man darin aufgeht und sich darauf konzentriert. Der flatterhafte Geist soll festgebunden werden im Hier und Jetzt und nicht immer drüber nachdenken, was noch einzukaufen ist oder ob man beim Gespräch mit dem Chef vielleicht nicht doch weniger forsch auftreten hätte sollen.
Aus gegebenem Anlass konnte ich heute eine umfassende Yogaübung zu ihrem krönenden Abschluss bringen. Nachdem ich seit Januar einen Wasserschaden in Toilette und Bad gehabt habe, zweieinhalb Monate umsonst ein lautes, stinkiges Entfeuchtungsgerät herumpusten hatte, kamen gestern zwei Herren, im die Löcher in Wand und Decke zu schließen. Heute haben sie gestrichen. Die Monate bis heute habe ich sozusagen weggeatmet, denn viel ändern konnte ich nicht an der Situation und heute habe ich den Abschluss mit einer körperlichen Yogaübung völlig im Hier und Jetzt beendet. Ich habe auf Knien meinen Badezimmerboden geputzt, sämtliche Fliesen an der Wand und Dasselbe nochmal in der Toilette. Dabei kann man kaum an etwas Anderes denken. Ich glaube, Herr Iyengar wäre heute stolz auf mich gewesen. Ab und an hab ich nämlich auch noch vor mich hingesummt.
So stelle ich mir eine wahrhaft glückliche Frau vor. Nicht abgehetzt mit einem Stück Stangensellerie im vor Hunger verkniffenen Mund (an dieser Stelle kurz für alle Diätwilligen: Karotte ist zu langfasrig und belastet irgendwas im Körper!) und dunklem Businesskostüm, in der anderen Hand einen Kaffee togo.
Morgens aufstehen, mit einem Lächeln, das fremde Gesicht im Bad freundlich und interessiert anschauen, diesen Körper, den man soeben stöhnend und entsagend aus dem Bett gewuchtet hat, trotz der verrutschten, oder gar verschwundenen Konturen für den bevorstehenden Tag vorbereiten.
Das alleine ist bereits – für mich jedenfalls – ein Sonnengruß. Dann, und da muß ich der sehr verehrten Bloggerin recht geben, muß man beginnen wegzuätzen (also das Korrekturprogramm hat soeben aus dem gewollten wegatmen, wegätzen gemacht!) Toll, wie das Ding mitdenkt. Wahrscheinlich eine Frau.
Wenn man natürlich mit sich, seiner Arbeit, seinem Haushalt auf dem Laufenden ist, ist man fein raus und kann das Atmen und das Ätzen einstellen. Ich habe noch viele Leben vor mir, bis ich soweit bin, drum ermüden mich auch die Sonnengrüße derart, dass ich sie nun eingestellt habe.