Nicht mal 48 Grad in Marokko

Heute am Strand war es wahnsinnig windig. Ärgerlich daran ist nur, dass einem Haare und Handtücher um die Ohren fliegen. Handtücher wälzen sich noch dazu vorher richtig im Sand, um einem dann pfeilartig die kleinen Körnchen ins Gesicht zu schießen. Das Problem mit den Haaren hat nicht jeder, aber hier gibt es ja zum Glück Abhilfe. Seit einiger Zeit auch beim Thema „Flatternde Handtücher“.
Letztes Jahr haben wir die Strandverkäufer noch kritisch beäugt, als sie ihre Auflagen mit vier Gummizugecken angepriesen haben. Aber dieses Jahr habe ich bei meinem aufgeschlossenen Mann bereits am ersten Tag latentes Kaufinteresse bemerkt. Ich bin Schwabe, bei mir braucht man schon einen Holzhammer. Bis heute konnte ich sein Interesse niederbügeln. Aber dann hat mir der starke Meereswind meine Zweifel förmlich weg geblasen. Kaum, dass wir uns niedergelegt hatten, ich war noch nicht mal ausgezogen, kam ein freundlicher Verkäufer und bot aus seinem kunstvoll gepackten Müllbeutel die verschiedensten Modelle an nicht wegfliegbaren Liegeauflagen. Nein, nein, no, veramente, grazie, all das hat ihn als Vollblutverkäufter nicht abgeschreckt. Er hat den Braten gerochen und ich ehrlich gesagt auch. Das waren keine echten Neins mehr von meinem Mann. Das waren Schein-Neins, Ehren-Rettungs-und-Verhandlungsvorbereitungs-Neins. Wir haben uns also mal zeigen lassen, was so in diesem blauen Beutel auf Kundschaft wartet. Unfassbar viel übrigens. Ich hätte am liebsten ein pinkfarbenes mit weißen Tupfen genommen, aber man wird ja älter. Wie sieht denn das aus? Mein Mann hat außerdem geschworen, darauf niemals Platz zu nehmen. Kann man auch wieder verstehen. Dann gab es noch ein korallfarbenes mit beigem Rand. Die hatten den Vorteil, oben auch noch Klettverschlüsse zu haben, so dass man das Kopfteil der Liege verstellen kann, was übrigens nur am Strand funktioniert. Wir haben die teuersten Liegen der Welt zuhause und nach 30 Sekunden kracht mir jedes Mal das Kopfteil auf die Brust und sollte ich in dieser Zeit eingenickt sein, was schon mal passieren kann, bin ich danach garantiert für die nächsten 14 Stunden wach, weil mein Körper vollauf damit beschäftigt ist, das Adrenalin wieder aus mir rauszukriegen.
Wir haben also diese beiden Handtücher gekauft, ich habe unfreiwillig ein neues, revolutionäres Knotsystem für die oberen Klettverschlüsse entdeckt, was mir den Respekt des Verkäufers eingebracht hat und dann haben wir uns noch über die wahren Probleme auf der Welt unterhalten. Nämlich, dass er immer noch mit Zudecke schlafen muss. Nicht kann. Muss. Und seine zahlreichen Verwandten bei ihm zuhause in Marokko auch. Dort hat es nämlich nur 30 Grad, anstatt der 48, 50, die für die Jahreszeit normal sind. Nicht, dass wir hier keine Probleme hätten. Ich meine, hallo, wir sind schließlich Diejenigen, die im Hochsommer, kurz vor Ferragosto gezwungen sind, windsichere Handtücher zu kaufen. Auf dem Heimweg vom Strand – wir mussten wegen des Windes früher gehen – haben wir im Radio gehört, dass „Vom Winde verweht“ eigentlich ein anderes Ende gehabt haben sollte. Mir gefällt das aktuelle eigentlich ganz gut: morgen ist auch noch ein Tag, verschieben wir’s auf morgen.

2 Gedanken zu „Nicht mal 48 Grad in Marokko“

  1. Vom Winde verweht schwimmt auch mein wunderschönes Badetuch, immer geschont, kaum benützt, im Koffer mitgeschleppt und dann ist es nicht in der Lage, sich bei etwas kräftigerem Wind auf Deck festzuhalten! Ich habe doch nur ein neues Glas Weißwein geholt. Nun dümpelt es seit ca. 14 Jahren in der türkischen Ägäis, soweit ich mich erinnere mit einer dunkelblauen Schildmütze! Netterweise hat mein Badetuch wenigstens mein Buch da gelassen. Das wäre sonst einem Totalschaden nahe gekommen. Ich konnte nichts nachkaufen und habe den Rest der Tour auf meinem riesigen Leinenhemd, dem ich die Arme an die Reling gebunden hatte, verbracht. Zuhause habe ich zwei neue gekauft, die liegen jetzt auch wieder nur rum und warten auf eine Flugreise um dann selbst fortzufliegen. Aber mich können die mal….

    1. Von diesem Verlust wusste ich gar nichts. Vielleicht hat Dein Hut meinen rosa-karierten Lieblingshut getroffen. Der ist von einem Riesen-Katamaran desertiert. Wäre ich allerdings auch am liebsten….

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