Großstadtdschungel

Auf unseren abendlichen Touren durch diese wunderschöne Stadt komme ich wenig dazu, die gängigen Sehenswürdigkeiten zu betrachten. Muss ich zum Glück auch nicht mehr im Detail, das ein oder andere kenne ich schon. Ich verrenke mir vielmehr den Hals, um an den Häusern entlang nach oben zu schauen. Fast jedes Haus, zumindest die neueren, was in Rom ja nicht viel heißen muss, hat Balkone und auf ausnahmslos jedem Balkon stehen Töpfe mit Pflanzen. Manche sind komplett zugestellt, andere haben nur Geranienkästen, aber der Hang zum Grünen ist überall da. Die Dachgärten sind natürlich noch mal eine andere Kategorie, aber auf die kann ich nicht so gut sehen.
Vielleicht hängt das ja damit zusammen, dass früher jeder Haushalt seinen Orto, seinen Gemüsegarten hatte und sich daraus auch die meisten Rezepte rekrutiert haben? Heute ist der Obst -und Gemüsemarkt in Rom fest in nordafrikanischer Hand. Allein in meiner Straße gibt es drei Geschäfte mit Obst und Gemüse. Vom kleinen Markt in der Hauptstraße mal abgesehen. Dort wird Tag und Nacht gearbeitet. In recht regelmäßigen Abständen kommen neue junge Hilfen dazu. Besonders reizend ist, dass die Verkäufer zumindest in meinem Gemüsemarkt sich als Allererstes den italienischen Charme aneignen. Und so kann es durchaus passieren, dass der Capo einer reifen und auch sehr kräftigen Dame ein enthusiastisches „Buongiorno Bellissima!“ zuruft und die dann zwar harsch zurückbrummelt, sich aber eben doch ziemlich freut, denn ihr Marito hat ihre verborgene Schönheit schon lange nicht mehr so wortreich gepriesen.
Das hält sie allerdings nicht davon ab, ausgesprochen grob zum Obstverkäufer zu sein und ihn für seine Bemerkungen zu schimpfen oder zu verspotten. Der seinerseits macht sich einen Spaß draus, weil er aus Rom und speziell dieser Straße recht viel gewöhnt ist. Das liebste Spiel ist zurzeit das Melonenwählen: Geht man zu der Steige mit den Melonen, kann es sein, dass er einem nachkommt und mit Kennermiene fragt: wann willst Du die essen? Sagt man morgen, fragt er, um welche Uhrzeit und nimmt dann eine heraus, dreht sie kurz und gibt sie einem mit der Bitte, sie nicht vor halb sechs zu öffnen. Wegen solcher kleinen Tänzchen ist es eigentlich doch schön, dass man keine Gemüsegärten mehr hat, sondern blühende Balkone, die vorbeifahrende Vespafahrer erfreuen.

2 thoughts on “Großstadtdschungel

  1. Also ich habe jetzt eine Melone ohne Beratung gekauft und gierig ohne Zeitvorgabe verschlungen. Ging auch. War vielleicht im Abgang etwas hart und unreif! Um nicht zu sagen grün und karg im Geschmack. Aber wirklich reifes Obst mag mein Körper eh nicht.
    Aber um den Bogen zu den arabischen Gemüse- und Obsthändlern zu schlagen muß ich ausholen. Wie man weiß, ist die sehr verehrte Bloggerin dunkelhaarig. Eher sehr dunkelhaarig. Um so erstaunter war ich bei einem Obstkauf, als sie mit dem herzhaften Ruf „buonasera Bionda“ begrüßt wurde. Und dieser 20jährige hat sicher nicht die weiß-grauhaarige Mama daneben gemeint. Auf Nachfrage erklärte mir die sehr verehrte Bloggerin, das wäre in Rom ein Kompliment. Ich möchte nun niemanden beleidigen, aber ich habe gebeten klarzustellen, dass es in Germania nicht unbedingt eine Auszeichnung ist, als Blondine bezeichnet zu werden. Ob das geschehen ist, weiß ich nicht, ist vielleicht auch nicht sinnvoll wenn man weiterhin ein Büschel Petersilie und eine große Hand voll Mohrrüben als Zugabe bekommen will.

  2. In der Tat ist alles, was einem italienischen Mann gefällt und was er nicht fürchten muss, eine „Bionda“, derweil wissen wir alle, dass das ein törichter Trugschluss ist.

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