Verräterische Zeichen

Gerade habe ich Wäsche in die Mangel gebracht. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass man älter wird, wie ich finde. Früher hätte ich im Leben nicht an so etwas gedacht, weil Bettwäsche nur eine einzige Funktion zu erfüllen hatte. Sauber und duftig ja, aber gemangelt gab’s nur bei der Mama. Genauso wie Küchenhandtücher bügeln. Küchenhandtücher musste ich nicht bügeln, weil ich sie nie verknittert habe. Sie konnten Wochen, ja Monate unbenutzt rumhängen und irgendwann waren die Falten dann raus.

Wer hat schon gekocht in Zeiten, wo Essenseinladungen – noch ohne elektronische Kalender und Handys – netzplanmäßig verwaltet werden mussten? Aber natürlich verändern sich die Schwerpunkte und mein Mann würde es mir zurecht übel vermerken, wenn ich auch heute noch jeden Abend in einem anderen Restaurant unterwegs wäre. Zumal ich es schon rein körperlich gar nicht überstehen würde, mehr als zwei Mal die Woche nach halb zehn ins Bett zu gehen. Deshalb treffe ich – trotz offensichtlicher Nachteile („das geht bestimmt wieder raus bei 90 Grad“) – sehr gerne Eltern kleiner Kinder zum Essen. Man kann sich so schön früh verabreden. Peinlich wird es nur dann, wenn die Brut noch fröhlich herum tollt, während einem selbst der Kopf langsam in den Pastateller sinkt. Aber das wollte ich ja alles gar nicht erzählen.

Auf dem Weg zurück von der Mangel komme ich durch ein aufregendes Viertel mit vielen Straßenbahnhaltestellen. An einer stand ein echt wilder Typ mit allen Accessoires eines harten Kerls: Schwarze Lederjacke, Nieten, Lederhose, Springerstiefel, geschorener Schädel, Tatoos und …. einem Knirps. Wollte ich zuerst noch die Verriegelung drücken, ist mir dann doch ein mütterliches Lächeln entfleucht, weil ich mir sicher war, dass er auch noch nach Weichspüler gerochen hätte. Diese verräterischen Zeichen – auch bei ganz jungen Jungs, die sich mit Kapuzenshirts und schlechter Sprache selbst verwildern – sind bezaubernd. Irgendjemand ist im nahen Umfeld, der sagt: Du Gustav, es regnet, nimm doch einen Schirm mit, Du weißt doch, wie empfindlich Du am Kopf bist. Und der Gustav grummelt dann ärgerlich vor sich hin und nimmt den kleinsten Schirm (schwarz), den er finden kann.  Das wird er sich vermutlich ein Leben lang merken und wenn er selbst Kinder hat, wird er es genauso machen. Und vermutlich seine Wäsche zum Mangeln geben.

One thought on “Verräterische Zeichen

  1. Das muss es sein. Als mir mein Ladykiller zulief und wider Erwarten bei mir Spießer Rast und Ruhe fand, hat er diese Metamorphose durchgemacht. Die perfekte Verwandlung vom rastlosen Frauenanbeter und -versteher zum gemütlichen Fußballgott, das bisschen Haushalt mit links abwickelnden, liebevoll eine einzige Frau versorgenden Mann. Das kann ein Mann auch. Souverän schlüpft so ein Haudegen der alten Schule in eine neue Rolle und beweist somit allen, dass der Mann eben doch die Krone der Schöpfung ist und nicht, wie ich immer dachte, eine Laune der Natur. Ich bin aber auch so ein Dummerle.
    Ich lehne mich jetzt zurück und gebe jegliche Verantwortung ab und warte, bis mir von zarter und doch kräftiger Hand eine liebevoll zubereitete Mahlzeit gereicht wird.

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