All you can find

Das Eingeständnis, noch an keiner einzigen Kreuzfahrt teil genommen zu haben, kommt heutzutage einer Bankrotterklärung gleich. Und nicht mal ein ordentlicher Bankrott gilt mehr als Entschuldigung, weil einem die Mastfahrten ja buchstäblich nachgeworfen werden. Und da kommen wir auch schon zu des Pudels Kern: Ich könnte beim allerbesten Willen keine Kreuzfahrt mitmachen, weil ich bereits auf hoher See gepeinigt wäre von dem Gedanken, wie ich all die Buffets wieder von den Hüften und Rippen bekomme.

Verlockend wäre es natürlich schon, aber ich bin leider nicht ein solches Muster an Disziplin. Wenn Feines vor mir steht, muss ich es konsumieren, ob es nun Essen oder Alkohol ist, es fließt sozusagen in mich hinein. Und da ich seit einiger Zeit weiß, dass ich ein Erd-Typ bin, setzt es sich fest. Hat es schon vorher, aber jetzt ist es amtlich. Vom Stamm bis in die Wurzeln und Äste mit der Absicht zu verweilen. Das tut es dann auch. Für ganz, ganz lange. Das bisschen Paddeln, zu dem ich mich im Bordpool sicherlich aufraffen könnte, hilft da auch nichts mehr.

Und dann die Landgänge. Schlaraffenstunden in lauschigen Hafenrestaurants, die Fische kommen einem auf den Teller gehüpft, begleitet von feinsten Rosmarinkartoffeln und zum Nachtisch irgendwas exzellent Landestypisches. Welche Figur soll das überstehen? Es geht einfach nicht, wenn man nicht mit der Gabe der Überangebotsblindheit geschlagen ist. Mein Vater zum Beispiel würde auf so einer Reise verhungern. Er kommt mit Überangebot überhaupt nicht klar und kehrt von üppigen Hotel-Frühstücksbuffets meist mit leerem Teller und ratlosem Blick an den Tisch zurück. Wo wir das alles gefunden haben, fragt er dann  anklagend auf die Räucherlachse und Crepes auf unseren Tellern schauend und wenn wir ihm sagen, dass sie direkt neben den Semmeln und der Butter waren, schüttelt er verzweifelt den Kopf. Er ist ein Gast der alten Schule und bestellt dafür dann immer diverse Eivarianten. Die stehen auf der kleinen Karte auf den Tischen und werden von netten Damen oder Herren serviert.

Und eigentlich hat er ja auch Recht. Dieses zwanghafte Selbstbedienen hat viele Tücken. Nachdem ich einmal einen Samowar verstanden habe, bin ich in Hotels zum eingefleischten Teetrinker geworden, weil ich nicht willens bin, mich durch sämtliche Kaffee-Vollautomaten-Hersteller zu arbeiten, um an einen normalen Kaffee zu gelangen. Und hier schließt sich der Kreis wieder: als meine Mutter mal sachte darauf hingewiesen wurde, dass sie für ihr Frühstück selbst verantwortlich sei, hat sie mir empört zugeraunt: Das gibt es ja auf keinem Schiff! Und nicht mal das stimmt noch.

2 Gedanken zu „All you can find“

  1. Das bisschen Essen würde mich nicht stören, aber der Gedanke mindestens eine lange Woche mit der Bevölkerung einer Kleinstadt auf engstem Raum verbringen zu müssen verursacht mir großes Unbehagen. Man kann den Leuten ja nie aus dem Weg gehen, und immer um Mitternacht alleine am Pool rumliegen – nur weil man die Einsamkeit sucht- ist auch nicht das Gelbe vom Ei. Ein Tisch für traute und intime Einsamkeit ist auch nicht zu bekommen. Ich will nicht mit fremden Leuten reden und ich will niemanden wiedererkennen, nur weil der mal an der Reling neben mir stand, ich mag auch keine Abendunterhaltung, bei der man im schlimmsten Fall mitmachen muss! Ich mag das alles nicht! Ich will ein Schiff für mich alleine. Folglich würde ich so eine Reise in der Kabine verbringen! Zunehmen kann man da nicht, weil man garnicht ahnt was es alles zu Essen gibt. Kreuzfahrt ist gestrichen! Auf dem Ammersee ja, aber nur wenn das Wetter nicht so stabil aussieht, dass außer mir noch fünf andere fahren wollen! Ahoi!

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