Die Spitze des Eisberges

Zwar bin ich noch nicht in Rom, aber was mich erwartet, hat mir eine treue Leserin schon mal vorab gemailt. Aggressive Möwen treiben dort und in Venedig ihr Unwesen und rüpeln sich durch die Touristenströme. Dass das der Wahrheit entspricht, kann ich nur bestätigen. Immer öfter hören und sehen wir auf der Terrasse diese riesigen Viecher mit den johlenden und lachenden Schreien. Wir dachten, es liege an unserer wilden Gegend, die ja auch bei Menschen zuweilen raue Gesellen anzieht, aber ungehobelte Vögel?

Tatsächlich habe ich schon vor Jahren meinen kleinen Hund davon abgehalten, Möwen zu jagen, weil er aus Möwensicht mit sechs Kilo ein prima Snack gewesen wäre. Man kann natürlich alles ausnudeln, aber die Tatsache, dass wir vor lauter Konsum überhaupt nicht mehr an die Folgen denken, macht sich eben doch bemerkbar. Alles wird verpackt, wird nicht fachgerecht entsorgt, Fische sterben mit Plastikmüll im Bauch, alles ist günstig. Fleischabfälle gibt es zur Genüge, weil auch das Leben anderer Säuger nichts wert ist, wenn es uns dient und dann kommt Eins zum Anderen. Warum sollte eine vernünftige Möwe heutzutage am Meer wohnen, wo doch die meisten Fische noch an Bord verarbeitet und als Fischstäbchen eingefroren werden? Da wartet sie doch lieber auf der Mülldeponie bis sie gebraten zurück kommen,  lustlos zur Seite geschoben von einem übergewichtigen Kind, das lieber weiter am Computer spielt.

Man kann nur hoffen, dass auch Möwen Wohlstandskrankheiten wie Cholesterin und Diabetes erliegen und auch wenn kurzzeitig der Gedanke durch meinen Kopf geblitzt ist, mir vielleicht so eine Taubenjägerin mitzubringen, so ertappe ich mich dabei, wie ich Karl und Gertrud gegenüber so etwas wie Beschützerinstinkte entwickle. Tempora mutantur, nos et mutamur in illis würde mein Vater hier sagen.

P.S. Ich bin so gütig, weil ich die Markise ausgefahren habe und das Anlanden damit fast unmöglich ist (wer weiß, wie lange). Karl balanciert gerade mal wieder auf dem Sims, der kleine Moppel, der appetitliche.

 

4 Gedanken zu „Die Spitze des Eisberges“

  1. Eigentlich dachte ich, es wäre eine gute Idee, ein Möwepärchen zu importieren. Sozusagen als willkommene Gastarbeiter. Pärchen deshalb, weil die beiden auf dem verhängten Balkon Quartier nehmen könnten, um sich dort ganz der Fortpflanzung zu widmen.
    Musste mich dahingehend aufklären lassen, dass diese Tiere nach kurzer Eingewöhnung, durchaus in der Lage sind, in die Küche zu gehen und sich ihr Essen selbst suchen, oder gar zuzubereiten. Wäre ja nicht so dumm, wenn sie dann dafür richtig grob mit den nicht willkommenen Tauben umspringen könnten.
    Es wird doch darauf hinauslaufen, dass ich mich darum kümmere, entweder als Stuka oder wedelnd Teile meiner knapp bemessenen Freizeit auf diesem Balkon verbringe. Knapp deshalb, weil ich fast alles zur Genesung brauche. Sozusagen als Taubenschreck. Was aus einem so wird, drollig!

  2. Ich glaube, es gibt da diesen Spruch „Den Teufel mit dem Beezelbub austreiben“. Das käme mir mit den Möwen so vor. Karl und Gertrud sind zwar verdauungsmäßig eine Herausforderung, aber ansonsten keineswegs übergriffig oder gefährlich. Bei Möwen hätte ich in der Tat Sorge, dass sie sich meiner Wohnung und der Küche bemächtigen. Werde keine mitbringen. Wir haben ja schließlich auch noch die grässlichen Krähen. Die sind auch übel.

  3. Also ganz ehrlich, zuerst dachte ich, dass ich mit Beelzebub gemeint bin! Wurde aber erleichtert eines bessere belehrt, denn beim Weiterlesen stellte ich fest, mein Apetitt ist derzeit nicht so groß und ich würde in dieser Wohnung nie! in die Küche gehen, um mir Essen zuzubereiten, denn dieses kommt immer zubereitet und liebevoll serviert auf den Tisch. Glück gehabt.

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