Muskeltraining für Pflanzen

Ich bin seit sehr sehr vielen Jahren verheiratet. Und wie es richtig und wichtig ist, hat sich bei uns eine traumhafte Streitroutine entwickelt. Sie kreist fast ausschließlich um wenige Themen. Eines, ein ganz sicheres, ist zum Beispiel die Bewässerung unserer Terrasse. Mein Mann hat über die Jahre hin weg ein perfekt ausgeklügeltes System entwickelt, mit wirklich großer Anstrengung die Rüssselchen verlegt, ausgetauscht und justiert und alles wohl bedacht. Es könnte alles perfekt sein. Wären da nicht ein paar Aspekte, die unweigerlich und immer zuverlässig zum Streit führen:
– ich mag es bei Tisch und bei Untertöpfen, wenn man das Übermaß spürt und sieht, ich verzweifle, wenn leere Schüsseln auf dem Tisch stehen, weil ich fürchte, meine Gäste sind nicht satt geworden und ein leerer Untertopf lässt nagende Zweifel, ja Panik in mir aufsteigen.
– ich entdecke immer mal wieder Pflanzen, die zwar Rüssel haben, aus denen aber nichts mehr rauskommt, weil sie verkalkt sind.
– manchmal verkümmert eine Pflanze!!!!

Mache ich meinen Mann – mal mehr, mal weniger forsch, panisch, diplomatisch – auf den Missstand aufmerksam und kommen weitere Stressoren hinzu, zum Beispiel eine weitere kleine Vergesslichkeit von seiner Seite, dann sind wir bereits nach zwei Sätzen, ach, was sage ich, nach einem, mitten drin. Der Streit schwingt sich je nach Grundschwung zu schwindelerregenden Höhen, geht ums Ganze, findet seinen Höhepunkt darin, dass wir die Wohnung verkaufen, uns trennen, nie mehr Planzen gießen und endet damit, dass mein Mann einen weiteren Rüssel irgendwo anbringt und ich anerkenne, dass er das eigentlich alles ganz wunderbar macht, was ja auch genaugenommen stimmt. Jetzt werden Sie sich fragen: Warum plagt die ihren Mann so? Warum macht sie es nicht einfach selbst? Wissen Sie, dass ich mich das oftmals selbst frage? Die Antwort ist erschütternd einfach: ich verstehe inzwischen dieses blöde Programmierdings nicht mehr und fürchte mich davor. Außerdem hat mein Mann – er war und ist eine Sportskanone – einen Trainingsplan für meine Pflanzen entwickelt, bei dem ich als bekennend Unsportliche einfach nicht mitkomme: Er trainiert die Pflanzen, gibt ihnen mal mehr, mal weniger, damit sie sich anstrengen, aus den Untertöpfen trinken, mehr Wurzeln ansetzen und kräftiger werden. Ja, so ist er! Bei mir musste er das leider aufgeben, aber die können ja nicht aus ihren Töpfen.

Inzwischen – so muss ich mit Stolz sagen – saust mein Mann über die Terrasse, beäugt jede Pflanze (gut, die Hortensie hat er neulich übersehen, aber dafür hat er ja mich!), justiert hier und zupft dort und gerade eben hat er empört ein gelbes Blatt vom Oleander geholt. Denn das ist etwas, was ich auf den Tod nicht ausstehen kann: Gelbe Blätter an MEINEN Pflanzen. Mittlerweile ordne ich alle Pflanzen in meiner Umgebung, auch Kübelpflanzen vor Restaurants oder in Banken, meinem Aktionsradius zu und zupfe an ihnen herum, was die ein oder andere meiner Begleitpersonen durchaus in Verlegenheit bringen kann. Egal, wie es ist, ich glaube, wir blicken einer wunderbaren gärtnerischen Zukunft im Alter entgegen und vielleicht reichen wir uns gegenseitig unsere Herztropfen, bevor wir in den Garten oder auf die Terrasse gehen.

2 Gedanken zu „Muskeltraining für Pflanzen“

  1. Ein ganz wunderbarer Mann das zuerst einmal und eine ganz fürsorgliche Frau ! Das mit den vollen Töpfen auf dem Tisch kann ich bestätigen und ich bin wahrlich ein guter Esser. Nun um auf dem zauberhaften Mann der lieben Bloggerin zurück zu kommen, so stelle ich Parallelen zu meinem Mann fest. Sobald sie glauben wir haben keine Ahnung von etwas speziell von technischen Dingen fühlen sie, ja spüren sie geradezu die Macht über die doch sonst sehr dominanten durchaus alleine zurechtkommenden Frauen nämlich uns. Ehrlich gesagt finde ich das auch zum kotzen wenn mein Mann mir erklärt das bestimmte Dinge eben bestimmte Vorgehensweisen erfordern. Nun leider schüchtert mich ein Fernseher bereits schon ein ! Also an alle Frauen keine Angst vor Technik die ganzen Alleinerziehenden Frauen heutzutage müssen ja auch klar kommen !

  2. Mein Fußballgott ist nicht nur sanft, liebenswürdig, verständnisvoll, nachsichtig und! ein guter Koch. Ich sage nur Semmelnknödeln mit Pilzen. Z. B. Er ist aber auch von ausgesuchter Widersetzlichkeit wenn es um die Einstellung von Computern, Fernsehgeräten, Handy, iPads, Bewässerungssysthemen oder Klimaanlagen im Auto geht. Glücklicherweise habe ich einen stabilen Magen, bin ausgeglichen und freundlich, manchmal, versuche alles mit Fremdhilfe vor der Rückkunft des Meisters in die Wege zu leiten. Aber immer anderen Leuten das Geld in den Rachen zu werfen und sich dann anhören, daß diese reizende, rothaarige Dame aus dem Münchner Speckgürtel schlank, hochbeinig, vier Kinder, Geländewagen, berufstätig……von meinem Fußballgott einen Kühlschrank als Notnagel bekommen hat, weil ihrer spinnt, ja wo samma denn?
    Einmal nur möchte ich ich mich aus Überzeugung so blöd stellen können, oder es sein, daß man das auch alles für mich tut. Ich glaube, jetzt bin ich völlig am Thema vorbei, egal, mußte mal gesagt werden.

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