Kastanien de Luxe

Hatte ich es schon einmal erwähnt? Ich LIEBE Kastanien! Neben Kirschen sind sie mir die liebste jahreszeitliche Frucht oder Ernte oder wie man zu etwas, das von einem Baum fällt eben sagt. Sie sind so schön und glatt und schmeicheln der Hand so wunderbar und sollen auch noch Gesundheit und Glück bringen. Fragt man mich nach meinen Kindheitserinnerungen, fällt mir nicht wahnsinnig viel ein, aber an was ich mich sozusagen in Dolby-Stereo-Surround und in Farbe erinnere, ist das Kastaniensammeln mit meiner Mutter an der Kahnfahrt in Augsburg. Sackweise haben wir die braunen, glänzigen, runden Boller heimgewuchtet. Und dort ist der Spaß dann weitergegangen. Mit Hilfe von Zahnstochern und Streichhölzern haben wir die herrlichsten Kastanienmännchen und -tiere gebastelt, die die Welt je gesehen hatte. Wir hatten natürlich vorher beim Sammeln auf die relativ seltenen abgeflachten Kastanien geachtet!

Nun bin ich gerade in Paris und neben all den tollen Boulevards, schönen Restaurants und vor allem dem traumhaften Herbstwetter, bietet Paris vor allem eines: traumhafte Kastanienbäume. Und weil Paris eben Paris ist und immer rumprotzen muss, sind auch die Pariser Kastanien ganz besonders groß und glänzend. Und so haben wir (respektive ich) gestern beim Bummel über die Avenue Montaigne und die Champs Elysées Kastanien gesammelt, bis wir uns in einem Geschäft eine Tüte holen mussten, weil ich sie nicht mehr halten konnten. Ich muss zugeben, in diesen Luxusstraßen gab es in dem Moment nichts, was schöner oder verlockender gewesen wäre. Einzig der Impuls, sie zu werfen und hüpfen zu sehen, war fast unbezwinglich. Nachdem in Paris aber immer noch die Terrorpanik umgeht und viele Polizisten patrouillieren, möchte man wegen einer unbedachten Kastanienhüpflust ja nicht einem Verhör oder Arrest unterzogen werden. Also habe ich mich beherrscht. Bis es nicht mehr ging. Vor einer abschüssigen Tiefgarageneinfahrt, die auch noch wunderbare Rillen hatte, von denen die Kastanien noch besser abhüpfen konnten, habe ich eine nach unten geschleudert als ich sicher war, dass keiner guckt und habe hochzufrieden die wilden Sprünge meiner Starkastanie verfolgt. Als sie um die Ecke verschwunden war, zum Glück nicht auf ein hochfahrendes Auto gedotzt war, habe ich direkt in die anerkennenden Augen von zwei Maitres des benachbarten Luxusrestaurants geschaut….Ich würde wetten, dass sie das jetzt auch immer machen!

Und heute, als uns ein kleiner Schauer genau zur rechten Zeit auf den Champs Elysées überrascht hat und wir uns in ein süßes Restaurant flüchten mussten, in das ich schon lange einmal gehen wollte, waren da wieder so viele Bäume. Leider hatte es so stark geregnet, dass an Sammeln nicht zu denken war. Nach dem Essen war alles vorbei und wir sind heim geschlendert. Und was soll ich sagen? In einer Seitenstraße fegte ein livrierter junger Mann mit weißen Handschuhen das Trottoir von den runterfallenden Blättern frei und das waren Kastanienbaumblätter! Und gerade als er die schönste und größte Kastanie hinwegfegen wollte, konnte ich ihn bremsen und sie retten und als er erkannt hatte, dass es mir erst ist, hat er mit seinen blütenweißen Handschuhen weitere braunglänzende Kugeln für mich aufgehoben und in seinen lächelnden Augen konnte ich sehen, dass er sie als Kind auch immer mit seiner Oma gesammelt hatte. So was Völkerverbindendes, diese Kastanien.

2 thoughts on “Kastanien de Luxe

  1. Wenn ich denke, wie weit wir gelaufen sind zum Sammeln. Nach Pfersee, an die Wertach und dann haben wir das zu Fuß heimgeschleppt. Mein kleines Mädchen und ich. Es war einfach wundervoll. Das Kastanienmännchen machen war dann die Krönung. Nur, wenn sie schrumpelig wurden, weil trocken, war es schon arg traurig. Aber auch ich hebe heute noch gerne Kastanien auf, denn man sagt ihnen ja nach, dass sie Glück und Gesundheit bringen, wenn man sie in der Manteltasche mit sich trägt. Ich finde auch, sie sind dann schöne Handschmeichler. Ich liebe sie.

  2. Auch bei mir werden Kindheitserinnerungen wach, leider habe ich dieses Glück noch nicht gehabt dieses Jahr! Ich muss allerdings gestehen, das Männchen basteln aus Kastanien gehört nicht zu meinen favorisierten Erinnerungen. Ich bastel einfach nicht gerne, aber das sammeln, gerade mit Kindern, ist herrlich. Heute gehen die ja höchstens raus um Pokemons zu fangen, sehr traurig. Ach und hier in Bonn kann man übrigens gesammelte Kastanien in Gummibärle umtauschen!

Schreibe einen Kommentar zu Prunkschaf x

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert