Funktionieren würde es

In den USA sollen bei Autounfällen künftig auch die Handydaten ausgelesen werden können, so lautet zumindest ein – wie ich finde kluger – Gesetzentwurf. Wer an der Ampel steht oder einen unbesonnen wirkenden Fahrer auf der Autobahn überholt, erblickt beim Blick nach rechts oft das gleiche Szenario: der Fahrer tippt eine Nachricht oder liest zumindest mit der Hand rechts auf Augenhöhe etwas in seinem Telefon. Bei 160 Km/h kann das schnell mal schief gehen und die Frage stellt sich: was um Himmels Willen kann so wichtig sein? Weiterhin muss man sich fragen: wieso fallen Menschen in ein Kinderschema zurück, wenn es um Verkehrsregeln und die Steuer geht? Rein rational müsste doch jedem klar sein, dass beides notwendig ist. Es stört aber den aktuellen Komfort, die Laune, das ist schon richtig.

Ich glaube, es handelt sich hier einfach um eine schlechte Angewohnheit. Aber gerade die sind hartnäckig und lassen sich schon fast nicht mehr von Notwendigkeiten unterscheiden. Man erlebt es immer wieder. Zum Beispiel gestern. Da habe ich zu meiner Überraschung ein Schokoladeneis für einen Menschen, den ich schon sehr lange kenne, gekauft. Überrascht war ich deshalb, weil ich seit Jahr und Tag neidvoll gehört habe, dass sie keine Süße sei und all das Zeugs nicht mag. Wie gerne hätte ich es auch nicht gemocht. Inzwischen weiß ich, warum Frauen das sagen: sie haben gelernt, sich dieses Mantra mit den Jahren so oft runterzubeten, bis es in Fleisch und Blut übergegangen ist und geglaubt wird. Ähnlich wie bei Persönlichkeitsveränderungen durch Verdrängung oder stete Konditionierung ist man sich zum Schluss nicht mal mehr selbst sicher, wie man nun eigentlich ist und ob man das vielleicht doch gerne oder eben nicht so gerne mag.

Tatsächlich hat der Genuss von Alkohol oder Süßigkeiten oder auch des Smartphones immens viel mit Gewohnheit zu tun und wie wir in zurückliegenden Blogs ausführlich erarbeitet haben, können Gewohnheiten angenommen oder abgelegt werden. Die Spanne, innerhalb derer das klappen sollte, liegt bei 21 Tagen, plus, minus. Am Anfang muss der Impuls noch unterdrückt werden, nach einer Zeit hat das Gehirn das neue Verhalten (Nicht-Verhalten) abgespeichert und lebt auch damit ruhig und ungestört. Helfen beim Abgewöhnen können Ersatzhandlungen und ich stelle mir gerade vor, wie Autofahrer künftig Gedichte deklamieren, wo sie früher zum Telefon greifen wollten oder abnehmwillige Menschen es tatsächlich schaffen, eine Rübe statt zehn Schokoriegel zu essen. Von der Grundanlage des Menschen her ginge das einwandfrei und bei einer Verkehrskontrolle könnte Polizisten künftig der Erlkönig deklamiert werden und ein Apfel angeboten werden. Die Kontrollen würden dramatisch weniger, da bin ich mir sicher.

2 Gedanken zu „Funktionieren würde es“

  1. Das mit dem Telefon in der Hand ist wahrhaft eine schlimme Unsitte und wenn ich dann bedenke, über welchen haarsträubenden Mist wir über dieses Medium Internet informiert werden. Wahnsinn. Wir können ja nur noch mit äußerst kurz gefassten Nachrichten etwas anfangen. Alles, was über drei Zeilen hinausgeht, wird als Zumutung empfunden. Und ich muss zugeben, auch ich habe die eine oder andere Unsitte mir angewöhnt, von der ich nie im Traum gedacht hätte, dass mir das mal passiert. Ich sage nur: Gummibärle! Ich komme nicht weg davon und vom Schokoeis will ich gar nicht reden. Schwamm drüber, ich will in diesem Blog nicht mehr derartige intime Dinge lesen. Das ist ja schlimm, reicht doch schon, dass ich auch noch Obstsäfte trinke. Und ganz eigentlich mag ich wirklich nichts Süßes. Hm, meistens.

  2. Ja eigentlich bin ich auch keine Süße und erlaube mir auch lieber eine basische Leberkässemmel. Nun hab ich hier tatsächlich einen rheinischen Metzger gefunden, der die ganz ordentlich zubereiten kann. Nun liegt der nicht immer auf meinen Weg, eigentlich nur wenn ich zum Frauenarzt muss. Also habe ich mir angewöhnt, zur Belohnung eine zu holen. Letztes Mal wollte ich vernünftig sein, hab es aber nicht geschafft. Die lieben Gewohnheiten kann man halt nicht so leicht ablegen, aber das mit den Handys ist ja lebensgefährlich und hat nichts mit Gewohnheit zu tun, sondern ist einfach dumm. Jetzt testen sie Ampeln am Boden, ich glaub sogar in Augsburg, damit die sehen, wann ne Straßenbahn kommt, weil sie ständig auf ihr Handy schauen, die Deppen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert