Nata pronta

So sagt man in Italien zu Menschen, auf die man nicht warten muss. Wenn einer gefragt wird, ob er fertig ist und er das schon eine geraume Weile von sich behaupten kann, dann antwortet er darauf gerne: sono nata pronta, ich bin fertig geboren. Nun, und ich kann mit Fug und Recht und auch mit Stolz sagen, dass ich fertig geboren bin. Ich bin in der glücklichen Lage, dass ich Menschen niemals auf mich warten lasse, was zur Folge hat, dass meist ich auf sie warte. Ich warte auf meine Freundinnen, die mich in Rom besuchen, ich warte auf sie auf gemeinsamen Reisen, ich warte auf meinen Mann – auch morgens, wenn man doch meinen sollte, ein Mann hätte nicht so viel zu tun wie eine Frau -, auf Männer im Allgemeinen, eigentlich auf alle. Und wenn ich mich an den alten Witz vom Falschfahrer auf der Autobahn erinnere, der nach einer Radiomeldung, dass ein Fahrzeug entgegen käme, anmerkt, es sei nicht eines, sondern tausende, darauf besinne, dass das Problem dann nicht an den anderen, sondern an einem selbst liegt, dann habe ich ein gewaltiges.

Woran liegt das? Vielleicht, dass ich die Zeiten bestimme? Spontan bin? Das könnte sein, aber bitte, irgendwann muss man doch von der Horizontalen in die Vertikale kommen, den Tag beginnen, etwas unternehmen, etwas erleben, raus gehen. Oder nicht? Ich kann mich inzwischen prima beschäftigen, führe meist Bücher oder eben meinen Computer mit mir und auf diese Art und Weise sind schon viele zig Blogbeiträge entstanden. Was tun Menschen, wenn sie andere warten lassen? Schon klar, sie leben nach ihrem Rhythmus, was unter uns gesagt, ein Schneckenrhythmus sein muss. Zum Glück habe ich hier meinen Meister noch nicht gefunden und kann jeden Tag und fast jede Unternehmung mit dem befriedigenden Gefühl beginnen, die Erste zu sein, was mich zunächst tiefenentspannt, in der längeren Folge allerdings durchaus auch etwas unwirsch macht.

Ich versuche, der Sache – zumal sie nicht zu ändern scheint – ausschließlich positive Aspekte abzugewinnen. Bin ich in fremden Gefilden, lerne ich die nähere Umgebung besser kennen, bringe meinen Email-Verkehr auf Vordermann, lerne die Hotelmitarbeiter besser kennen oder erfahre unter Umständen sogar Geheimtipps. Zuhause hingegen bin ich ja völlig frei, ich kann – wenn es sich um eine dramatisch anzunehmende Wartezeit handelt – mit dem Bügeln anfangen, wobei das zum Glück ja auch nicht immer eine Option ist oder fernsehen oder Kaschmirpullis entfusseln. Was mich wirklich umtreibt und was ich bislang noch nicht lösen konnte, ist das Rätsel, was Menschen tun, wenn sie andere warten lassen. Das würde ich wirklich wahnsinnig gerne wissen, denn all die Wartezeit hat mich der Lösung noch keinen Schritt näher gebracht.

3 thoughts on “Nata pronta

  1. Nun bin ich ja eine, die immer zu früh zu den Verabredungen kommt und eigentlich immer warte. Ich bin mir nicht sicher, ob ich wissen will, was Diejenigen machen, da kommt mir einiges Vergnügliches in den Sinn, aber auch Schreckliches. Vielleicht backen sie einen Kuchen wie die Freundin meiner Tochter gestern oder besser deren Mutter, was nicht bedeutet, dass man da anwesend sein muss. Meine Tochter ist da noch sehr entspannt, weil sie ja wüsste, dass sie immer zu spät kommt. Ich finde das unmöglich und habe das auch so gesagt, ja, auch zur Freundin und deren Mutter, die übrigens wenn sie mit mir verabredet ist, auch immer zu spät kommt. Ist das vererbbar? Ich finde es, wie gesagt, unmöglich. Man macht sich doch einen Plan, z.B ich muss noch die Waschmaschine ausräumen oder meine Haare föhnen. Das kommt doch nicht überraschend. Diese Menschen sind meiner Meinung nach respektlos, planlos und gehen mit meiner Zeit verschwenderisch um. So, das ist die andere Seite des Wartens, die der Bloggerin, einfach die eines anderer Lebensrhythmus, eine Einstellung zu leben, „komm i heut net komm i morgen“ oder „was Du heute kannst besorgen verschiebe gern auf morgen“. Ich freu mich auch gerade im Urlaub auf neue Abenteuer auf neue Gerüche neue Landschaften, andere eben nicht.

    • Ja, ich finde auch, dass es schlichtweg respektlos ist und bei externen Verabredungen gehe ich konsequent nach zehn Minuten, maximal einer Viertelstunde.

  2. Unpünktliche Leute kannte ich auch mal. Habe ich abgestellt. Wer bei mir zum Essen eingeladen war und meinte, es sei vornehm, eine halbe Stunde zu spät zu kommen, hat nie mehr eine Einladung bekommen und wurde langsam aus der Freundesliste ausgeschlichen. So nennt man das wohl, wenn man sich elegant jemandens entledigt. Mit großer Freude habe ich mit meiner Freundin H. aus W. vor Jahren einige Gruppenreisen mitgemacht. Es ist wirklich faszinierend, dass es bei jeder Reise einen Gast gibt, der permanent zu spät kommt. Egal, wie er angesehen wird, ob er Strafe bezahlen muss etc. Diese Leute schämen sich nicht. Ich persönlich würde einfach wegfahren und ihn stehen lassen, denn ein Kreuzfahrtschiff wartet auch nicht.
    Ich habe schon so oft auf jemanden gewartet, aber im Laufe der Jahres ist es immer seltener geworden. Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige und heute, jeder hat ein Handy, gibt es keine Entschuldigung mehr, einfach jemanden warten zu lassen.

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