Tatsächlich seien die Menschen in Nachtigallen und Lerchen zu unterteilen. So sagt man. Ich kann mir das nicht vorstellen. Will heißen, ich kann mir nicht vorstellen, dass es Menschen gibt, die eine andere Tageszeit als den Morgen lieben. Und zwar mit so einer Inbrunst, wie ich ihn liebe. So, dass ich mich bereits am Abend auf den Morgen freue, wenn diese lästige, meist unerfreuliche Nacht endlich hinter mir liegt. Der erste Kaffee, Cappuccino, der erste Blick in die Nachrichten, was auch immer, Duschen, eincremen, einfach herrlich. Alles auf Start, alles auf Neubeginn. Was könnte es Schöneres geben? Der Abend hingegen mit der Gewissheit, dass jetzt nicht mehr viel passiert, mag auch nett sein, früher habe ich mir dann die erste Zigarette angezündet, aber das war ja quasi in einem anderen Leben. Nichts kommt an den Morgen heran.
Und so sitze nun hier in einem schönen Hotel in den Südtiroler Bergen und trinke meinen Morgenkaffee vor der Rezeption. Eigentlich an einem der Tischchen, die für ungeduldig, sich bei der Anmeldung schoppende Gäste hingebaut worden sind. Es ist nett hier, mit gedämpften Stimmen werden Tagesabläufe besprochen, Dienstpläne verglichen und allerlei im Computer nachgeschaut. Währenddessen kann ich gemütlich mein Kännchen leeren und vor mich hintippen. Das habe ich gestern an einer anderen Ecke der Lobby ebenfalls versucht, wurde aber durch den beredten Vortrag eines Zukunftsforschers bzw. Beraters in Sachen Zukunft so dermaßen aus dem Konzept gebracht, dass ich mich überhaupt nicht mehr konzentrieren konnte und in den Garten geflüchtet bin.
Die Zukunft in Workshops gemeinsam gestalten, so ähnlich lautete der Tenor. Das ist löblich und erstrebenswert, allein, die Zukunft passiert, ob gestaltet oder nicht und das, was sie ausmacht, hängt oftmals nicht vom Einzelnen ab. Das heißt, sie würde schon vom Einzelnen abhängen, damit sie aber in die gewünschte Richtung ginge, müssten alle Einzelnen ähnliche Ziele in Bezug auf Langfristigkeit, Umwelt und Verantwortung haben. Das hingegen halte ich für reine Zukunftsmusik.
Wenn mir jemand vor 20 Jahren gesagt hätte, ich werde morgens gerne aufstehen, die Ruhe genießen, die frische Luft richen, dann hätte ich ihm gesagt, ja genau, in einem anderen Leben vielleicht. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber es hat sich so ergeben, dass auch ich es liebe, früh aufzustehen, nicht so früh wie die liebe Bloggerin, aber immerhin früh. Schlimm finde ich, dass es Personen in meinem Haushalt gibt, die genau das Gegenteil sind, nämlich Nachtigallen. In den Ferien kommt das immer sehr deutlich raus, wenn ich als Erste zu allen gute Nacht sage und die immer noch fröhlich zwitschernd durchs Haus hüpfen. Muss jetzt los, mit 2 Teenagern zum Shoppen, würde lieber zu einem Workshop gehen wäre sicher produktiver und entspannter!
Früh aufstehen, meine Passion! Das begann schon damit, dass die sehr verehrte Bloggerin morgens um 5 nach 5 auf die Welt wollte. Um das zu bewerkstelligen, musste ich die ganze Nacht Druck ausüben, auf dass der Gast in mir endlich die Bedingungen ihres Aufenthaltes als zu eng empfand und endlich das Morgenlicht der Welt erblicken wollte. Seitdem geht es rund! Wir waren immer sehr früh unterwegs. Entweder waren es junge Hunde, die noch nicht sauber waren oder es schnellst möglich werden sollten oder Pferde, die man morgens gerne ungestört in der noch leeren Reithallen laufen lassen wollte, oder im Hochsommer ein Ausritt vor Tag und Tau, weil später am Morgen dieses fliegende Ungeziefer meine wohlduftenden Pferde so geliebt hat und diese fast aufgefressen hat.Es gibt nichts Schöneres als einen klaren Sommer- oder Wintermorgen, kurz bevor die Sonne aufgeht. Wenn man dann noch das Glück hat, so wie ich es hatte, auf dem eigenen Pferd auf einer Insel im Norden am Meer in den Sonnenaufgang hineinzugaloppieren, das ist der glücklichste Moment in einem Leben. Da kann mir jeder Sonnenuntergang gestohlen bleiben, weil ich da bereits so müde bin, dass ich nur noch endlich in mein Bett will und schlafen. Bleibt ihr anderen ruhig noch etwas länger im Bett, dann habe ich auch die druckfrische Zeitung und einen duftenden Kaffee für mich alleine. Gute Nacht……