Sperrmüll

Bei uns in Augsburg scheint heute oder morgen Sperrmülltag zu sein. Allerorten stehen einst heiß ersehnte und innig geliebte Möbelstücke ganz oder in Trümmern auf der Straße und warten etwas verloren auf neue Besitzer oder eben den Mülllaster. Als ich vorhin ein Päckchen für mein Patenkind auf den Weg gebracht habe, bin ich an einer beachtlichen kleinen Deponie vorbei gekommen, deren Zierde ein alter Ikea-Lehnstuhl mit Kiefernholzarmlehnen und weißem Bezug war. Der weiße Bezug hätte gut und gerne eine Reinigung vertragen, aber ansonsten war er – wie der gepflegte Augsburger zu sagen pflegt – tippitoppi. Tatsächlich habe ich bereits auf dem Rückweg einen Herren sehr zufrieden eben jenen Stuhl davon wuchten sehen.

Und tatsächlich stammt auch mein erstes Möbelstück für die Wohnung, in der ich lebe, vom Sperrmüll. Es stand damals auf unserem großen Tonnenplatz ein Sessel mit geflochtenen Seitenteilen ganz verloren herum und da ich es liebe, Zeichen zu sehen, wo ich sie gerne sehe oder brauche, habe ich ihn unter großem Hohngelächter meines Vaters als ebendieses Zeichen gesehen und ihn eingepackt. Dass ich für das Geld, das ich fürs Polstern und Neubeziehen in einem Behindertenwerk eine gesamte Couchgarnitur bekommen hätte, sorgt auch heute noch für Spott und Häme in der Familie. Ich wollte eben Gutes tun, aber ganz ehrlich, das passiert mir unter solchen Umständen vermutlich nicht mehr.

Jedenfalls finde ich es sehr schön und beruhigend, dass in unserer Wegwerfgesellschaft doch noch so Vieles wiederverwendet wird. Deshalb und auch wegen der Altersarmut und anderer armer Menschen, die ich ab und an in der kleinen Parkanlage vor unserer Wohnung sehe, stelle ich auch manchmal meine Pfandflaschen dort ab. Ich freue mich dann, dass jemand seinen Jagd- und Sammeltrieb befriedigen kann und nicht auf direkte Almosen angewiesen ist. Auch mit Gegenständen, die ich nicht mehr möchte oder brauche, mache ich das so. Ich stelle sie unten hin und meist sind sie nach kurzer Zeit weg. Sehr befriedigend, wenn eine Gesellschaft so funktioniert. Es gibt sogar Menschen, die das professionell betreiben, Müllsucher oder Müllsammler. Sie schnobern in Schutzanzügen durch Mülltonnen und finden Unglaubliches darin, das sie dann auf Ebay verkaufen. Ich frage mich dann meist: wer kauft ein angebrochenes Duschgel und zahlt auch noch Versandgebühr dafür? Aber offenbar findet wirklich fast jeder Topf einen Deckel. Fein.

Ein Gedanke zu „Sperrmüll“

  1. Auch ich bin unter den Sperrmüllsammlern, nur anders. Mir wird er ins Haus gebracht, ist nicht sperrig, sondern in eleganten Tüten und ist abgelegte Kleidung der sehr verehrten Bloggerin. Was es da für tolle Schnäppchen gibt. Wahnsinn. Ich habe gelernt, erst dann nachzufragen, wenn auch ein Secondhandshop momentan keine Verwertung hat, weil dann, dann ist diese Ware kostenlos. Früher haben ganz liebe Kinder gewartet bis die Altvorderen das Zeitliche gesegnet haben und trugen dann wiederum eine Generation lang den Hochzeitsanzug des Vaters oder das gute Kostüm der Mutter. Das ist Gottseidank vorbei, jetzt geht’s andersrum und bietet hochmoderne, aktuelle, qualitativ hochwertige Ware. Toll.

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