Verwechslungen

Sehtechnisch war ich noch niemals ein Adler. Das war nicht schlimm, in vertrauten Umgebungen konnte ich mich allemal orientieren, fand, was ich suchte, konnte auch mal was lesen, kurzum, es war alles wunderbar. Zum längeren Lesen oder Fernsehen hatte ich meine Brille und ja, zum Autofahren natürlich auch. Wäre ja sonst gar nicht versichert gewesen. Aber auf eine Party mit Brille zu gehen, wäre mir nicht in den Sinn gekommen. Das ist heute anders. Nicht weil Brillen so unheimlich schick geworden sind, dass sich die Adler unter uns kokett mit fensterverglasten Nerdgestellen schmücken, sondern aus reiner, schlichter Notwendigkeit heraus.

Wer die Zahlen auf der Waschmaschine nicht mehr ohne Brille lesen kann, läuft leicht Gefahr, wildfremde Menschen zu herzen und langjährige Bekannte beharrlich zu ignorieren oder sich ihnen sogar penetrant erneut vorzustellen. Das führt zu unschönen Verwicklungen und oftmals muss man jemanden die eigene Brille auf die Nase rammen, damit er versteht, dass es – dieses Mal – nichts Persönliches ist. Angesichts dieser semidramatischen Umstände ist es tröstlich zu wissen: ich bin nicht alleine.

Heute beim Yoga, als ich mir unwillig mein etwas puppenartiges Haar hochgezwirbelt hatte, kamen wir in trauter Runde auf die Vergänglichkeit des Sehvermögens. Während ich mir gestern mit dem Conditioner die Haare versucht habe zu waschen (wenn Farbe und Form der Flasche von unsensiblen Herstellern gleich produziert werden, nummeriere ich sie normalerweise mit Eddingstift, hier allerdings nicht), berichtete mein einfühlsamer und meist von Frauen umgebener Yogalehrer, dass er sich einst – bevor er seine Brille regelmäßig begann zu tragen – statt Deo extrastarkes Stylinggel unter die Achseln geschmiert hat. Wie schwer das zu entfernen war, ist wohl nur mit Tempofusseln auf schwarzen Jeans zu vergleichen. Eine Mit-Yogiini kicherte über den Mann ihrer Freundin, der sich an den Hundekeksen gütlich getan hatte und gestärkt von diesem Gemeinschaftsgeist haben wir uns an die Bewältigung fast aller Figuren mit albernen Tiernamen gemacht, die das Yoga so zu bieten hat. Ich habe meine Matte natürlich in der ersten Reihe, hilft ja nichts.

3 thoughts on “Verwechslungen

  1. Es Ist ein Elend! Ich war diesbezüglich gestern beim Optiker, einem Fachmann am Ort, weil ich in letzter Zeit Probleme habe, in diesem Blog Kommentare zu verfassen. Anfangs bin ich immer in die Küche geeilt und habe die Brille geputzt, weil ich dachte, sie ist schmutzig, ja Pfeiferdeckel. Ich sehe einfach nicht mehr gut mit meiner bereits vorhandenen Brille. Jetzt dachte ich, gut geh zum Fachmann und frage nach und dieser hat mir dann ein seiner Meinung wahnsinniges Angebot gemacht. Die Brille für Nah und Fern. Ist ja nicht so, dass Eine reichen würde, nein es muss Gleitsicht sein, man gönnt sich ja sonst nichts. Also langer Rede, kurzer Sinn: 1000,-. Dass ich nicht gleich ohnmächtig wurde war alles. Werde nun noch zu einer Optikerkette wechseln und mal schauen, was die mir für ein Mega-Angebot machen werden.

    • Liebe Mare, den Schock habe ich hinter mir. Sie werden Dir das gleiche Angebot machen. Es ist hundsgemein, aber wahr. Und ich kann Dir nur raten, nimm das allerbeste Modell, das ist dann auch schon egal.

  2. Wirklich erschüttert stand ich in Mailand unter der Dusche in Zeitnot mit tropfnassen Haaren, ohne Brille, wer duscht schon mit Brille, und hatte mir durch die zwangsläufige Blindheit Conditioner zum Waschen in die haare gerieben. Erst als partout kein Schaum entstehen wollte, habe ich eine Tropfspur zum Nachttisch, zur Brille gelegt um dann festzustellen, daß diese entzückenden italienischen Zimmermädchen mir zwei Conditioner in die Dusche gelegt hatten. Dann panischer Anruf bei der sehr verehrten Bloggerin die sicher anderes zu tun hatte, als unglücklicher Mutter zu helfen. Es wurde mir geholfen! Schlimm finde ich meine Freundinnen, die zwar alle schön gefärbte Haare haben, auch nett gekleidet sind und dann verschämt anfangen in ihren Handtaschen zu nesteln und irgendwelche Billigbrillen hervorholen um die Speisekarte zu lesen, als ob irgendjemand noch nach den Damen schauen würde, oder gar annähme, daß selbige ohne Brille auskommen. Ich bin das schmerzfrei und manchmal trage ich sie aus Gewohnheit auch unter der Dusche! Die Beine rasieren sich viel sorgsamer mit!

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