Stimmen aus dem Nichts

Es gibt ja so Lieblingsmomente bei jedem Menschen, solche, auf die er sich immer entweder freut oder sie einfach genießt. Bei mir ist das das Aufwachen. Ich liebe das Aufwachen und dann das Aufstehen und mir einen Kaffee machen. Und dann das Herumhoppeln. Hier ein bisschen fegen, dort zupfen oder lesen oder was schreiben. Weil ich meist zu Zeiten aufwache, zu denen sonst noch keiner so recht zur Interaktion willig oder fähig ist, bin ich morgens meist alleine und auch das finde ich ganz wunderbar. Meinem Mann ist es in all den Jahren gelungen, fast immer das perfekte Zeitfenster abzupassen, um aufzustehen. Es darf nicht gleich sofort mit mir sein, denn ich möchte mich ja gütig fühlen, weil ich ihn schlafen lasse, zu lange sollte es aber auch nicht dauern, weil dann der Tag rum ist und er ihn offenbar gar nicht mit mir verbringen möchte. Wie gesagt, er spürt es fast immer ganz genau und wenn nicht, fällt mir halt die blecherne Kehrschaufel um.

Heute Morgen gab es all diese Probleme nicht, weil er gar nicht da war. Weil wir Urlaub haben, die Welt das aber nicht weiß, musste er besonders redebedürftigen Menschen in der Welt sein kundiges Ohr zur Verfügung stellen. Ab heute Mittag wird es wieder umgekehrt sein und er wird mit sein Ohr leihen und mir dann – informiert über all die kleinen Vorkommnisse in der Heimat – darlegen, wie es sich mit der Welt und den auf ihr stattfindenden Aktivitäten verhält. Ich bin dann immer froh, dass ich das alles nicht live erleben muss und auch sicher, dass ich mir all die Verwicklungen nicht so gleichmütig anhören könnte wie er.

In jene schöne morgendliche Stille heute Morgen jedenfalls, die mich sogar zum gedanklichen Zitieren von Wilhelm Busch inspiriert hat (Wer einsam ist, der hat es gut…..- gestern hab ich glaub ich einen Film über alte einsame Menschen gesehen, sowas rührt mich immer ganz fürchterlich und ich kriege es tagelang nicht aus dem Kopf), drangen auf einmal Worte an mein Ohr und zwar aus meinem Busen. Um mich herum wurde gemäht und geschnitten, denn ab morgen plant Italien in den Tiefschlaf zu fallen. Es konnte also nicht aus der Nachbarschaft stammen. Am fröhlichen ‚Huhu‘ hab ich erkannt, dass dieses freche Telefon mit Hilfe meines Busens meine Mutter zurückgerufen hat, mit der ich zuvor bereits lange geplaudert hatte. Wenn man all das, was heute technisch möglich ist, so bedenkt, es mit den Augen von Menschen von vor 100 Jahren betrachtet, über die ich gerade lese, dann mag man sich gar nicht ausmalen, was in weiteren 100 Jahren alles normal sein wird. Mein Opa, dessen Geburtstag heute gewesen wäre, hätte seine wahre Freude an all den Entwicklungen.

2 thoughts on “Stimmen aus dem Nichts

  1. Vor langer Zeit war meine Liebstes auch, früh aufzuwachen. Dann bin ich durch den Garten gelaufen und habe nachgeschaut, ob alles ordentlich wächst, war im Pool und bin geschwommen und dann habe ich meinen Hund geweckt!, um mit ihm endlich Gassi zu gehen, Alle meine Hunde waren solche Schlafmützen, keiner war echt begeistert von meiner Morgenaktivität. Meistens war ich jedoch schon vor Tag und Tau auf dem Weg in den Stall, um meine Pferde laufen zu lassen oder schon – im Hochsommer – auszureiten, denn da schlafen auch die Mücken und Bremsen noch und es gibt keine Radfahrer, lästige Fußgänger mit Hund, denn ich hatte immer meinen eigenen Hund am Pferd mitlaufen und da braucht’s keine Ablenkung.
    Und jetzt hier in der Stadt und im Alter ist alles einfach irgendwie nicht mehr so schön. Ich stehe immer noch gerne früh auf, aber dann, die Zeitung ist nicht umfangreich genug, Bügelwäsche gibt es nur noch begrenzt, sicher auf meinem Dachgarten gäbe es genug zu zupfen und rupfen, aber mir fehlt mittlerweile der Elan, das anzupacken. Ich bin eine richtig lahme Ente geworden.
    Obwohl es jetzt schön kühl geworden ist, Danke allen, die mich in meinem Flehen unterstützt haben. Ich genieße es, viel zu dünn angezogen rumzulaufen und dann hat ja endlich auch wieder mein Fußballgott seine Beschäftigung am Samstag zurück. Schlafen vor dem Fernseher, während ich mir Fußball anschaue. So eine verkehrte Welt!

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