Man kann nur mit den Mädchen tanzen, die da sind. Das war bei uns ein durchaus geläufiges Sprichwort. Und so wahr. Für Fotografen gilt, dass man kann meist nur das fotografieren kann, was in der Umgebung ist. Bei mir waren das die letzten Jahre über meist Enten. Weil sie halt auf einem See in dem Wald wohnen, in dem ich mich wahnsinnig gerne aufhalte. Dass es aufregendere Tiere gibt, war mir auch klar, bevor ich heute die Email einer Kollegin bekommen habe. Sie lebt in Alaska und hat mir Fotos von mülltonnenwühlenden Bären geschickt und ich muss zugeben, da packt einen dann doch ein wenig der Neid.
Gut, in meinem Wald gibt es auch Eichhörnchen. Aber die sitzen nicht lange genug still, damit ich ein gutes Foto hinbekomme oder sie lungern im Blattwerk herum und ich krieg sie nicht scharf. Ist eigentlich irgendjemandem außer mir aufgefallen, dass sich die Meldungen über Eichhörnchen gerade häufen? Verliebte, zwanghafte Eichhörnchen, die Frauen nachlaufen bis zur Erschöpfung, randalierende Eichhörnchen in englischen Clubhäusern und all die Eichhörnchen-Nothilfe-Stationen. Wahrscheinlich bin ich wegen der Eichhörnchen vor mir im Baum so sensibilisiert.
Was ich eigentlich sagen wollte ist, dass man tatsächlich auch vor der eigenen Haustüre interessante Dinge sehen und erleben kann, denn was für die einen die eigene Haustüre ist, ist für die anderen eine Reise wert. Heute habe ich nämlich tatsächlich jemanden getroffen, der extra wegen der Enten an unseren See gekommen ist. Wer braucht da noch Bären im Müll? Sind auch viel weniger gefährlich unsere hübschen Entchen. Oder Eichhörnchen.
Also ich würde schon lieber mal dort wohnen, wo Bären rumwuseln, ich hätte immer eine Kamera bei mir und irgend ein bärenerschreckendes Gerät. Am allerliebsten wäre ich mal in Churchill, wo diese Massen von Eisbären im Ort spazieren gehen, dort muss man im Winter immer seine Haustüre unversperrt lassen, damit Menschen ganz schnell bei irgendwem Unterschlupf finden, wenn ihnen ein Bär entgegenkommt. Da finde ich Enten vergleichsweise langweilig. Gut, hier in der Stadt kann man von Glück reden, wenn man Eichhörnchen sieht, bei mir eher weniger, da sind dann nur noch Piepslein unterwegs. Gerne denke ich noch an den fragwürdigen Scherz zweier Jugendlicher, diese haben vor einigen Jahren gemeldet, dass im Siebentischwald vom nahen Zoo ein Tiger ausgebrochen sei. Jeder Hundebesitzer hatte nur noch die eine Frage wohin a) mit dem Hund, Food just in time und wenn man so alt ist wie ich b) und nicht mehr gut klettern kann mit einem selbst. War ungut. Man muss in den Zoo gehen und geduldig vor irgendeinem Tier lauern, bis es was besonderes tut, weil denen ist auch nur langweilig.
Ja also ich war ja jetzt wirklich viel unterwegs in den letzten Wochen und freue mich jetzt auf meine Biozönose, in der die Eichhörnchen fröhlich im Herbst die übrig gebliebenen Walnüsse sammeln und wo der Buntspecht an den alten Apfelbaum klopft. Das ist mir vertraut und das Vertraute mag ich. Ich mag auch den mir ebenfalls bekannten See, von dem die Rede ist. Mei, weil man ihn halt schon immer kennt. Ich habe am Meer Möwen und Kormorane beobachtet. Sogar Störche und Reiher gesehen und Kraniche beobachtet und war fasziniert und trotzdem glaub ich, ich hätte Angst bei einem Bär und bin auch nicht wild einen zu treffen.