Ungewohntes

Weil überall zu lesen ist, dass es dem Altern und Vergessen vorbeugt, immer wieder von Routinen abzuweichen, Unerwartetes zu tun und das Gehirn es geradezu liebt, von neuen Situationen überrascht zu werden (meines eigentlich nicht so sehr, aber es ist vermutlich einfach schwäbisch-untrainiert), habe ich heute mal etwas gänzlich Abnormes (für mich) getan. Ich bin eine Strecke gelaufen, die ich normalerweise nicht mal mit dem Fahrrad ins Kalkül ziehen würde. Ich bin zu Fuß bis zu meiner Autowerkstatt gegangen, um mein Auto abzuholen. Der TÜV war fällig. Und zwei neue Reifen. Frech daran ist, dass ich das mit den Vorderreifen recht empört meinem Mann erzählt habe und er genau zwei Dinge dazu zu sagen hatte:
Immerhin halten die ‚Schuhe‘ vom Auto 15 Jahre.
Hast Du schon bei Zalando geschaut?

Wie kommt er auf solche Vergleiche? Versteht man nicht. Apropos Zalando (hab ich automatisch mit ‚h‘ geschrieben, Zahlando). Mein liebster Yogalehrer hat sich heute mit Verve auf mich gestürzt und mich keuchend nach meinen nagelneuen blumigen Turnschuhen gefragt. Angesichts seiner Ratlosigkeit, als ich ihm gesagt habe, wo ich sie her habe, hab ich sie ihm mix flinken Fingern schnell rausgesucht. Ist ja für uns Mädels ein Kinderspiel, das könnte ich im Hund, im Schulterstand, gar im Adler oder der Krähe oder wie das Drecksviech heißt, bei dem man sich auf den Ellenbogen abstützen soll, ohne umzukippen. Hab ihm traumsüße Slipper (diese hochmodischen Schlüpfschuhe mit weißer Sohle und langer Zunge, die, die einen riesigen Fuß machen) bestellt. Das macht mir so viel Spaß, Menschen einzukleiden und zu meiner Freude vertrauen mir immer mehr ihr Äußeres an.

Auf die Art und Weise Geld zu verdienen, müsste doch ein Traum sein. Einkaufen, Menschen glücklich machen und damit auch noch Geld verdienen. Unfassbar. Und noch unfassbarer ist, dass es in der Tat Menschen gibt, für die es ein Megastress ist, einkaufen zu gehen. Ok, das langsame Gehen in Geschäften oder an Schaufenstern vorbei finde ich auch wesentlich ermüdender als einen strammen Marsch zur Werkstatt, aber – merke auf – es ist eben auch hier gerade das Wichtige, Abwechslung fürs Gehirn zu suchen. Insofern kann man mit Fug und Recht folgern: Einkaufen und Bummeln sind wesentliche Elemente gegen vorzeitiges Altern. Also dieser Beitrag hat eine Wendung genommen, die selbst mich überrascht. Aber umso schöner und ein Beweis, dass die Wahrheit sich eben immer durchsetzt.

Ein Gedanke zu „Ungewohntes“

  1. Einkaufen gehen mit anderen Leuten als der sehr verehrten Bloggerin und meiner Freundin E. aus Ulm gerne, mit und für jemand anderen bloß nicht. Auch ja nicht mit Mann, auch wenn mein Fußballgott gütig und geduldig im Sessel sitzt und wartet, plötzlich redet er mir drein! Ja wie hammers denn da?! Hm. Auf gar keinen Fall. Ich will so aussehen wie ich und nicht wie irgendsoein hergelaufener, halbverhungerter blonder Engel mit Stelzenbeinen. Einmal vor über dreißig Jahren habe ich meinem Mann gestattet zu entscheiden, was ich kaufe. Wahnsinn, daheim habe ich ausgesehen wie so eine Stadtmarktbeschickerin, mit schwingendem Rock, dazu passendem Oberteil und längerer Jacke. Alles in gefälligem senfgelb und Jersey. Bin fast tot umgefallen, habe es einmal getragen, mich in Grund und Boden geschämt und dann hergegeben.
    Und für andere einkaufen ist aus diesem Grund unmöglich, die Leute wollen nicht so aussehen wie ich, sie meinen es nur manchmal, aber nicht echt.
    Und laufen zur Autowerkstatt, das habe ich noch vor zwei Jahren hin und zurück im Fallschirmspringerschritt gegen das Fitnessarmband und die Uhr gemacht, nichts besonderes. Aber ich bin unsäglich stolz auf die sehr verehrte Bloggerin, dass sie es gemacht hat. Detonation!

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