Erziehungsdelegation

Das Lesen der Onlinemedien bringt immer wieder Einblick in Themengebiete, die man wo ganz anders eingeordnet hätte. Oder hätten Sie gedacht, dass inzwischen Knigge-Kurse für das Erlernen von Tischsitten bei Kindern zuständig sind? Schwimmkurse, Back- und Kochkurse und so weiter, alles gut und schön. Aber bei Benimmkursen hat es mir tatsächlich die Sprache verschlagen. Die Kinder – gerne mit pseudoadeligen bayerischen Namen – werden also in der Tat zu einer Schulung entsandt, bei der sie dann lernen, das Besteck richtig zu halten,  korrekt zu grüßen und Erwachsene nicht ausschließlich als service people zu betrachten, das einen vom Golf zum Tennis fährt.

Ich richte nun meine Frage an meine lieben Leser, die vermutlich dem Kindesalter entwachsen sind: Wer hat Ihnen denn das alles beigebracht? Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass es meine Eltern waren und ich hätte mir sicherlich das ein oder andere Mal gewünscht, es wäre eine nette Dame von und zu gewesen, der ich nach ein paar Stunden wieder entkommen wäre. Bei meinen Eltern gab es kein Entkommen. Die waren da und haben – ja richtig – erzogen. Und mir schwimmen beigebracht. Und lesen. Und schreiben. Und das soll gar nicht immer einfach gewesen sein.

Umso erstaunlicher sind die Klagen von Müttern, dass die Schwimmlehrerin voll unfähig sei, das Kind könne immer noch nicht schwimmen, dass im Kindergarten gar nicht gelehrt wird, wie man gescheit isst und dass die Lehrerin kein bisschen weiß, wie der Tizian jetzt genau gefördert werden muss, damit er endlich richtig buchstabieren lernt. Ja, was soll die arme Mutter denn noch mehr machen, als die besten Leute für die Erziehung zu engagieren? Es etwa selbst tun? Parbleu! Das wäre ja wohl noch schöner. Das hat bei ihr ja schließlich auch keiner getan.

4 thoughts on “Erziehungsdelegation

  1. Genau! Ich bin in den Lochbach geschmissen worden und kurz vor dem Wehr wieder rausgezogen worden. Damals fand man das dann auch noch witzig. Gut, über diese Übung lässt sich streiten, kann mich aber nicht erinnern, dass ich deshalb ein Trauma erlitten hätte. Meine Kinder schmeiß ich allerdings nicht in den Bach, aber bei den Tischmanieren, da hört der Spaß auf! Auch ich gehöre zu denen, die glauben, dass meinen Kindern noch selbst beizubringen, genauso wie „bitte“, „danke“, „guten Tag“ oder „auf Wiedersehen“ zu sagen. Natürlich klappt das alles nicht so ganz, aber sie wissen wie es geht und Übung macht den Meister. Außerdem „der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“, „wie der Herr so sei Gscherr “ usw. Man kann nicht alles auf Andere schieben, man muss sich die Arbeit schon selber machen und seine Kinder erziehen, Grenzen setzen, keine Angst davor haben. Die finden das gut!

  2. Bedingt durch die Onlinemedien werden wir wahrhaft überschwemmt mit den unnötigsten, übertriebensten, absurdesten und überflüssigsten Statistiken, Erkenntnissen etc. Darunter auch vieles über die Erziehung des Nachwuchses. Wie und wo soll sich heute bitte eine junge Mutter, die bereits selbst nicht erzogen wurde, informieren wie Kindererziehung geht. Jede hat doch nur noch ihr Telefon am Ohr und daheim die gesamten elektronischen Geräte samt TV. Lesen ist unmodern geworden und die eigenen Eltern versagen auf der ganzen Linie. Uns hat man noch beigebracht: Erziehen heißt vorleben. Also immer schön anständig benehmen, den Kellner nicht stramm stehen lassen, sondern vernünftig mit ihm reden, alten Damen die Türe aufmachen, Oma und Opa in den Mantel helfen etc. Was heute passiert ist wirklich schlimm und man mag es gar nicht sehen.
    Um so angenehmer ist ein Kind, das wenigsten andeutungsweise eine Erziehung mitbekommen hat und sich auch so verhält. Ich kann hierzu eigentlich nichts sagen, mein Kontakt zu Kindern findet nur an der Supermarktkasse statt, wo dann wiederum meine gute Erziehung gefragt ist, damit ich nicht zum Mörder von Mutter und Kind werde.

    • Das stimmt. Supermarktkassen sind die wahren Herausforderungen der Neuzeit. Oder Restaurantbesuche mit Kindern, die man nicht selbst erziehen darf.

  3. Oh ja, aber meine Freundin Hazel und ich kennen keine Grenzen im Restaurant, wenn es darum geht unser Recht auf Ruhe zu wahren. Da werden ganz schnell mal fremde Kinder zusammen gepfiffen, auch wenn das dem Fußballgott schrecklich peinlich ist.

Schreibe einen Kommentar zu Mare x

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert