Zeitgenössische Kunst

Paris ist die Stadt der Kunst und Kultur. Zumindest wenn man nach den Fragen und Bemerkungen all derer geht, denen man erzählt, dass man dort lebt. Ach, Mensch toll! Hast Du schon die hmhmhm-Ausstellung gesehen? Und warst Du schon bei blablabla? Neihein, war ich nihicht. Betrüblicherweise interessieren mich die meisten Ausstellungen weder daheim noch in der Ferne. Diesen Makel versuche ich mit Aufgeschlossenheit gegenüber zeitgenössischer Kultur wieder wett zu machen. Zum Beispiel heute auf den Champs-Élysées. Es war ein recht typischer Pariser Tag. Freundlich mausgrauer Himmel, immer mal wieder ein paar Tropfen Regen und man tat gut daran, eine leichte Daune griffbereit zu haben.

Nach meinem Schock gestern im Lafayette Gourmet mit all seinen umherwuselnden Menschen und Touristen und dann noch auf der Suche nach Currypaste und Hummerfond (gefunden, nicht gefunden, wieso auch sollte es in Paris Hummerfond geben, es reicht ja, wenn der Edeka in Neusäß sowas führt), stand mir und meinem einfühlsamen Mann der Sinn heute eher nach etwas Kontemplativen und so haben wir unseren Sonntagsspaziergang zunächst in den Tuilerien begonnen. Nun waren die Distanzen dort für lustwandelnde Könige und Courtisanen in Seidenschühchen sicherlich ausreichend, für Menschen in Turnschuhen mit Schrittzähler-App jedoch nachgerade lächerlich kurz. Im Kreis laufen deprimiert mich und am Anfang der Champs-Élysées ist auch noch eine Allee. Gesagt, getan. Und einmal im Laufen, ach wie herrlich war das.

Wie es der Zufall wollte, standen wir auf einmal gegenüber von Louis Vuitton und weil normalerweise lange Schlangen davor sind, heute nicht, habe ich meinem Mann dieses historische Meisterwerk zeitgenössischer Kunst und Kultur gezeigt. Wenn man es ein wenig schlau anstellt, kann man einen perfekten Rundgang machen. Man muss dazu nur ganz durchgehen, die längste Rolltreppe, die ich kenne, hinauffahren und ab da immer rechts herum, der Nase nach. Exponate – und auch noch teure – gibt es zuhauf. Durchaus inspiriert haben wir den Heimweg angetreten und sind an einem der pompösesten Häuser der Straße vorbei gekommen. Schwarz-goldenes Tor, Türsteher, gekiester Weg, Buchsbäume, kleine Fackeln bis hin zu einer gigantischen Villa mit schwarz-weißem Marmorboden. Wieder Gold, Schwarz und schneeweiße Wände. Was kann das sein?  Aber natürlich: Abercrombie & Fitch. Wartet man an allen anderen Tagen außer heute über eine Stunde auf den Eintritt, konnten wir einfach hinein schlendern und weil ich noch niemals in einem solchen Geschäft war, haben wir das auch getan. Eines vorweg: ob die Wandbemalungen auch in Deutschland zulässig wären, wage ich zu bezweifeln und wenn ich als unpolitischer Mensch das sage, will das was heißen. Sagen wir mal so, alles erinnert an junge, durchtrainierte, hellhaarige Männer, die recht siegessicher durchs Leben gehen. Und wie einst das Le Bon Marché als ‚Paradies der Damen‘ eine Attraktion war, ist es dieses Geschäft wohl heute. Ich jedenfalls war beeindruckt.

Um die Runde voll zu machen, haben wir am Abend noch einen Schlenker ums Haus gemacht und sind an Colette vorbei gekommen. Dort sind seit ein paar Wochen Absperrbänder mit goldenen Pöllern aufgebaut, innerhalb derer sich die Besucher um den Häuserblock winden, ähnlich wie vor dem Louvre. Drinnen wird mindestens zwei Mal die Woche umdekoriert und selbst ein Turnschuh präsentiert sich wie ein Oeuvre d’Art. Meine (die, die meiner älteren Freundin am Freitag so gut gefallen hatten), gab es da übrigens auch schon, aber erst nachdem ich sie schon längst hatte. Ha! Sie sehen, ich bin meiner Zeit weit voraus und trödle nicht in der Vergangenheit herum.

2 Gedanken zu „Zeitgenössische Kunst“

  1. Ich bin beeindruckt und weiß nicht genau, aber ich glaub, ich bin die ältere Freundin, das muss man ja nicht so deutlich sagen, wenn diese in diesem Jahr einen runden Geburtstag feiert und das eigentlich nicht so toll findet. Vielleicht bin ich es auch nicht, obwohl die anderen „Freundinnen“ heißt es, seien ja noch jung. Bin ich wirklich die „ältere“ Freundin? Was ich eigentlich sagen wollte: ich war noch niemals bei Louis Vuitton, würde ich mich gar nicht rein trauen. Zu Abercrombie auch nur, weil ich öfter mal mit Jugendlichen einkaufen bin. Finde das schon unheimlich, die Farben die Musik und dann doch der Geruch, alles nur, damit der Kunde etwas kaufen möchte, die volle Manipulation. Mir hat neulich auch jemand erzählt, ob ich in Paris schon mal war und dieses und jenes. Da sei ein Theater und ich müsste da unbedingt mal hin. Ach da fällt mir ein, die ist älter als ich, Französin und in Versailles geboren, mei da wissen wir doch, wo es herkommt, der wurde die alte Kultur ja in die Wiege gelegt. Mei und wer mit Rugby Spielern im Zug reist ist halt voll im Trend und muss wissen, was die Jungen mögen!

  2. Mare, ich bin bestürzt, rund! Das glaubt Dir keiner! Ist auch nur eine Zahl. Bei diesen Geschäften sind das Problem die Verkäuferinnen, die verärgert sind, weil Du, auch wenn diese Zicken meinen, Du kannst Dir das nicht leisten, eine Tasche kaufst, die drei ihrer Monatsgehälter kostet oder mehr. Aber in dieser Kategorie kenn ich mich auch nicht aus. Da muss man rein, selbstverständlich freundlich sein und dann geht man wieder! Die sehr verehrte Bloggerin hat mir vor einigen Jahren in Paris einen wunderbaren Hermèsladen gezeigt. Dieser war komplett in einem ehemaligen städtischen Schwimmbad installiert. So, als wäre im alten Stadtbad plötzlich Zara drin. Das hat mir imponiert von der Aufmachung und Dekoration etc., ansonsten bin auch ich niemand, der Ausstellungen sucht und ich bummle lieber durch schöne Städte und genieße die Umgebung.

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