Was man halt in Rom so macht

Manche Dinge warten so lange und so geduldig auf einen, obwohl sie schmerzlich und ausgiebig vermisst werden, dass sie auch den verhasstesten Aufgaben durch ihr Wiederauftauchen einen tieferen Sinn geben. Ein Gürtel, ich glaube, mein allerteuerster (was nicht schwer ist, denn ich bin kein Gürtelträger und gebe niemals Geld dafür aus – bis auf diesen), schwarzer, schmaler, doppelter ist wieder da. Er lag verborgen unter einem riesigen Strohhut. Wer kann das ahnen? Und gerade weil ich kein Gürtelträger bin, war mir sein Verlust so schmerzlich bewusst. An drei Orten ist die Möglichkeit eines (Total)Verlustes oder eines Verstecks enorm. Sowieso mache ich mir mit zunehmendem Alter Sorgen, ob mein Hirn nicht zuviel Platz mit dem Merken von Reiseverbindungen, Kleidungsrochaden und der Frage, wo ich jetzt Waschpulver brauche, vergeudet. Ich merke das daran, dass ich bei Gesprächen deutlich vergesslicher bin als früher. Aber das ist ein anderes Thema.

Jedenfalls hätte es mir schon heute Morgen klar sein müssen, was für ein Tag ist. Ich habe nämlich angefangen, den leichten Kalkring vom Zahnputzbecher auf dem Waschtisch im Bad sehr gründlich wegzurubbeln (man tut das ja täglich so ein bisschen tralala, aber halt nicht gscheit). Als ich die Aufbewahrungsdosen für Haarspangen, die ich zwar habe, aber nie benütze und Kosmetikproben, die man ja immer mal auf Reisen (hahaha) mitnehmen kann, weggestellt habe, um dort Dasselbe zu tun, war mir sofort klar, dieser Tag wird kein tändeliger, sondern ein krawalliger. Mein Mann war nach einem kleinen Streitgespräch per Telefon auch sofort mit der aktuellen Stimmungslage vertraut und so stand der Säuberungsaktion nicht mehr viel im Weg. Das macht ja auch durchaus Sinn, wo ich mich doch erst gestern lang und breit über den zunehmenden Schmutz hier im Viertel und im Condominio ausgelassen habe.

Also habe ich mir als Erstes das Bad vorgenommen. Dann die Wäscheschublade und dann die der Strümpfe. Fürchterlich, einfach grauenhaft. Man könnte ja denken – und Viele tun das wirklich – dass ich, weile ich in Rom oder Paris, ausschließlich die Boulevards auf- und abschlendere, Cappuccino, wahlweise Champagner trinke und shoppe. Weil man das halt so tut, wenn man aus Augsburg in solche Städte fährt. Leider gleicht mein Leben eher dem einer fliegenden Putzfrau und man darf getrost glauben, dass irgendeinen Zimmer in jeder Wohnung immer eine Grundreinigung brauchen kann. So weit, so wenig glamourös. Natürlich ist es netter, in Rom das Feng-Shui durch Ausmisten in Ordnung zu bringen als in Pusemuckel, aber in der Substanz bleibt es doch Dasselbe. Und weil ich gerade so schön in Schwung war und eh komplett überwacht werde (Condominiopolizei), habe ich während die Katze aus dem Napf im Garten gefressen hat, gleich alte Taschentücher, Saftfläschchen und was halt sonst noch so auf italienischem Gemeinschaftseigentum herum liegt, aber niemanden stört, aufgesammelt. Egal. Der Gürtel ist nach ca. drei Jahren wieder da und somit hat das alles einen Sinn!

One thought on “Was man halt in Rom so macht

  1. Ich mache das ganz anders. Ich renoviere meine Wohnung komplett und dafür muss ich alles, einfach alles in die Hand nehmen, das heißt aber nicht automatisch daß es damit entsorgt wird, im Gegenteil so schleppe ich völlig unsinnige Dinge von Lebenabschnitt zu Lebensabschnitt weiter. Diesmal habe ich aber mal durchgegriffen, denn ab einem bestimmten Alter sollte man nicht Plastiksäcke voller wunderschöner Schleifen in jeder Farbe und Länge, sowie Kartone voll sauber gefalteter Geschenkpapiere hinterlassen, denn die nächsten, die dann ausmisten sind nicht mehr wir selbst. Das sind dann die beklagenswerten Erben, die über dem Ausmisten ganz vergessen, uns zu betrauern. Also immer schön die Augen auf den Kalender gerichtet und die Intensität der Räumarbeit danach richten.

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