Eiszeit ist Eiszeit

Wenn eine Italienerin beschließt, dass es Winter ist und genau der richtige Zeitpunkt für die neue Mütze und die warme Daunenjacke, dann ist ihr das Wetter dabei herzlich egal. Während schlichtere Zeitgenossen bei knapp zwanzig Grad immer noch im T-Shirt herumstromern, setzt sie sich an der Supermarktkasse, bevor sie rausgeht – die Mütze auf, zieht die Jacke ganz zu und stülpt die Sonnenbrille über. Ganz so als wäre sie im mondänen Madonna di Campiglio. Bloß, was zieht sie dann dort an? Ganz einfach, sie sagt jedem, dass es so widernatürlich kalt war, dass sie trotz bester Vorsätze einfach nicht raus gehen konnte. Keiner könne das.

Damit versaut sie ihrem Mann und allen anderen den (Ski)Urlaub, aber das ist nicht schlimm für sie, denn sie empfindet das keineswegs so. „Die Italienerin“ und ich sind – man kann es herauslesen – keine großen Freunde und werden es auch vermutlich nicht mehr. „Die Italienerin“ gibts aber grenzenübergreifend überall und an sich ist es garstig, ihr ein Land zuzuordnen. Bei mir ist das passiert, weil ich in Deutschland natürlich eine viel größere Auswahl an Freundinnen habe und nicht so sehr auf Zufallsbekanntschaften angewiesen bin wie in Italien. Meine erste „Italienerin“ habe ich folglich in Italien kennengelernt. Später kam noch „die Amerikanerin“ hinzu.

Fast jede Frau kennt sie, sei es vom Wochenendausflug mit Freunden oder gar vom gemeinsamen Urlaub. Die Frau, die immer zu spät kommt, immer was Wichtiges vergessen hat und nochmal zurück muss, während alle anderen bei vierzig Grad im Auto warten, die immer Vorspeise, Hauptspeise und Nachtisch bestellt und dann nur rumstochert. Die stundenlang braucht, um einen Nagellack auszusuchen und grundsätzlich Hummer oder Austern bestellt, während die anderen eine Pizza nehmen. Steht Arbeit an, etwa Abspülen oder Einkaufen, tut sie so lange, als wäre sie beschäftigt, bis alles erledigt ist oder sie fragt so lange, was sie tun soll, bis man genervt sagt, ach lass, ich mach das schon. Mit der etwas unterkühlten Stimmung kann sie prima umgehen, das muss man ihr lassen. Sie ja ihre Mütze.

Ein Gedanke zu „Eiszeit ist Eiszeit“

  1. Bedauerlicher- oder glücklicherweise habe ich noch nicht so viele „Italienerinnen“ kennengelernt, um das voll umfänglich nachvollziehen zu können. Es genügt schon, dass auf jeder Gruppenreise, die ich bis jetzt gemacht habe, bei ca. 20 bis 50 Personen immer eine Person dabei war, die notorisch zu spät kam. Ohne Skrupel zu haben. Und wer hat dann wieder gemault? Ich natürlich. Wir hatten auch in einer Gruppe einen Reiseführer, der nicht nur chronisch zu spät war, nein, er hat sich auch um nichts gekümmert. Wer hat es gemacht???? Ich, die blöde Kuh, die immer mault. Ich habe an der Rezeption ganz hinten in Arabien unsere Reisepässe eingefordert und dann an die Mitreisenden verteilt, dem Busfahrer, der nur arabische Ohren hatte, in wunderbarem Englisch erklärt, dass dieser Mann, der jetzt nicht da ist, das Letzte sei und er doch bitte auf diesen auch noch warten möge. Ach, ich kann ein Buch schreiben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert