Aug in Aug mit Ludwig

Der Ludwig und ich wir sind jetzt ganz dicke. Muss auch. Er schaut schließlich den ganzen Tag in mein Wohnzimmer und bekommt so ziemlich alles mit, was ich hier in Paris erlebe. Und das ist – man kann es sich denken – eine Menge. Vor allem, wenn man keine Vorhänge hat. An keinem Fenster. Auch nicht im Schlafzimmer oder im Bad, hihihi. Am ersten Morgen sah ich mich Aug in Aug mit einem knackigen jungen Mann, nur getrennt durch eine schmale Straße und zwei Fensterscheiben. Empört hat mich mein Mann weggezerrt und mich sogleich mit Handtüchern und seinem breiten Kreuz verhüllt. Kris, unser hochkompetenter und freundlicher Concierge hat mich dann aufgeklärt, dass mitnichten ich mich sorgen müsste, eher mein Mann….Seitdem huscht er morgens ins Bad und duscht ohne Licht. Derweil wäre alles ganz einfach, wenn man nur die Milchglasfolie anbrächte, die ich gekauft habe. Aber mir ist es relativ einerlei, ich hatte seit jeher Nachbarn, die mir ins Fenster geschaut haben und es ist noch alles dran.

Gerade sitze ich am Fenster und schaue auf meinen Platz. Und meinen Luigi. Das kann fatal enden, denn der Platz hat etwas ähnlich Kontemplatives wie eine Waschmaschine. Philosophisch veranlagte Menschen könnten in ihm den Fluss des Lebens wiederfinden. Man fährt rein, rum und wieder raus. Es wirkt von oben wie ein Tanz und ich fürchte, ich werde mir einen anderen Arbeitsplatz suchen müssen, weil ich hier zu sehr abgelenkt bin. Mit den Menschen in den Wohnungen gegenüber habe ich bereits so etwas wie einen Nicht-Angriffs-Pakt geschlossen (auch mit dem nackigen Nachbarn). Wir sitzen alle am Fenster – logisch, sonst bräuchte man keine solche Wohnung – tun aber so, als sähen wir einander nicht. Allerdings werde ich mir doch mein kleines Fernglas mitbringen. Einfach nur, um mir Einrichtungsinspirationen oder Ideen für Vorhänge zu holen. Denn im Moment haben wir genau sieben Stühle, drei kleine Beistelltischchen, einen Fuchs und einen Pinguin, jeweils aus Keramik und einen zyklamfarbenen Lehnstuhl. Bevor ich es vergesse: und einen wunderschönen runden Teppich.

Wie herrlich das Leben mit nur einem Teppich und sieben Stühlen sein kann, hätte ich niemals für möglich gehalten. Kein aufwändiges Tischdecken, kein Kissenaufschütteln, keine Decken zusammen legen, einfach nur sein. Rotwein auf dem Boden trinken, Baguette mit Pastete essen, zwischendurch mal einen Salat, weil man ja gute Vorsätze fürs Neue Jahr hat und ansonsten hier sitzen und auf den Platz schauen. Vielleicht mal einen Artikel schreiben, ok, aber was braucht man mehr? Naja, ein Bett vielleicht. Die Luftmatratze ist zwar ok, aber da mein Mann zum Glück mehr wiegt als ich, muss ich mehrmals während der Nacht wieder den Berg auf meiner Seite hochrobben. Am besten wäre es, ich würde mich dort festschnallen. Mit etwas Fortune geht dieser Zustand jedoch sowieso heute zu Ende. Unser Bett soll kommen. Es ist zwar schon seit vier Wochen da, aber weil wir in Frankreich sind, hat die nette Verkäuferin zwar die richtige Nummer aufgeschrieben, aber sie falsch in den Computer übertragen. Ich hätte das alles klaglos hingenommen und mich über gar nichts aufgeregt, mein Mann, das Kämpferherz jedoch nicht. Er ist randalieren gegangen und siehe da, es klappt. Seit gestern haben wir auch noch ein Rudergerät, so langsam wird es voll hier. Wir versuchen wirklich, unsrem Luigi was zu bieten!

2 Gedanken zu „Aug in Aug mit Ludwig“

  1. … mit wieviel Leichtigkeit das Leben doch daher kommt wenn man sich auf ein paar Utensilien beschränkt.
    Würde man die Frage nach 7 unverzichtbaren Gegenständen stellen, die es unbedingt mitzunehmen gilt… nun.. man würde nicht unbedingt auf 7 Stühle kommen…
    Aber sicherlich wurde das von der lieben Bloggerin gründlich überdacht…. und vielleicht weiht Sie uns zu gegebenem Zeitpunkt in dieses Geheimnis ein.
    Die Vorstellung sie in Ludwigs quirliger Nähe zu wissen, ist jedenfalls wundervoll und ich wünsche mir, der fehlende Tisch und all die anderen immer wieder zu ordnenden Gegenstände mögen noch eine Weile auf sich warten lassen.
    Sind es doch Improvisation und Fantasie die uns oft unvergessliche Momente bescheren.
    Zum Teufel mit der Milchglasfolie und üppigen Gardinen! Ein Hoch auf die Freiheit, Freizügigkeit und das klassische Wohnzimmerpicknick (schreibt man das so??)

    1. Jaaaaaa!!! Genau so ist es. Ich werde euch sogar sehr einweihen. Ein Geheimnis kann ich jetzt schon verraten: ich bin in dieser Sekunde, als mich der Kommentar ereilte, gerade in unser nigelnagelneues Bett gekrabbelt. Es ist das erwachsenste Bett, das ich jemals hatte. Es ist richtig breit und hoch und hat sogar ein Kopfteil. Bin sehr sehr gespannt auf die Nacht! Das mit den sieben Stühlen ist wirklich eine schöne Geschichte, dass man nämlich immer ans Gute glauben soll. Erzähl ich ganz bald, wenn mich die Ereignisse morgen im Pariser Ikea nicht überrollen oder gar übermannen….

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