Beim Dschidschi

Diese Woche ist so schnell verflogen wie die Piste unter meinen Füßen die meiste Zeit des Tages. Kaum da, schon wieder fort – ein Elend. Wir haben so viel erlebt, Kleinigkeiten, Begegnungen, Gespräche belauscht, in menschliche Abgründe geschaut, schlechtes Benehmen erlebt und Lebenskonzepte kennengelernt, die uns staunen machen. Wir haben mitbekommen, wie Menschen, die meinen, nur weil sie bezahlten, hätten sie gleich alles gekauft, andere schlecht behandeln und wir haben beobachtet, wie das Leben an einer Schneebar abläuft. An dieser Stelle mein Tipp: sollte man sich als Frau mal nicht so gut fühlen (das kommt ja vor, dass man kurz vor dem Hausverlassen gesehen hat, dass die Skihose einen ziemlich dicken Po macht oder Ähnliches): einfach an eine Skibar stellen. Den Rest erledigt der Barmann. So er denn Österreicher und am Umsatz beteiligt ist. Mit viel Getöse werden dann Roséchampagnerflaschen mit dem Säbel geköpft und Frauen eingeschenkt, die eigentlich gerade ihren Almdudler oder eine Cola bestellt hatten. Und dann geht’s dahin, wie der gepflegte Österreicher sagt. Solchen Gastronomieprofis zuzuschauen ist wahrlich eine Freude. Aber eigentlich wollte ich ja von der zweiten leidgeprüften Gastronomennation, den Italienern und hier von einem ganz besonderen erzählen. Nämlich von meinem allerbesten neuen Freund, Gigi, den man nicht Schischi ausspricht, sondern Dschidschi.

Der Dschidschi arbeitet in einer Pizzeria, die Bekannte von uns als „die abgefuckte Bude gegenüber der Sportalm“ zu nennen pflegen. Und ja, tatsächlich, das Restaurant macht nicht viel her, ist eher schäbig, mit Topfpflanzen und Fließenboden und vor dem Eingang hängt ein durchsichtiger Plastikvorhang, damit es nicht kalt reinweht. Das ist notwendig, denn entgegen des unscheinbaren Äußeren besticht die Pizzeria durch Dschidschi und seine einzigartig gute Küche. Und deshalb geht auch die Türe ununterbrochen auf und zu. Denn Luca, der junge Mann, der das Etablissement inzwischen alleine managt und das meine ich nicht nur im Servieren, sondern auch im Domptieren (gibt es gar nicht das Wort – erstaunlich!!!) von Gästen, ist sehr strikt. Wenn kein Platz ist, ist kein Platz. Da gibt es kein: Warten Sie zehn Minuten, sondern ein: Rufen Sie an und reservieren Sie. Wir waren letztes Jahr schon oft dort, weil ich außerhalb von Italien selten so gut gegessen habe, aber da war noch die Brigitte da und die hat ein bisschen Flair weggenommen, obwohl sie supernett war. Aber sie war eben nicht Luca.

Jedenfalls haben wir gleich am ersten Abend erlebt, wie ein Tisch voller Gäste sich immer wieder beschwert hat, es ginge zu langsam, das passe nicht, jenes auch nicht, etc. Eine Pizza wurde sogar zurück in die Küche geschickt und ich konnte nur ab und zu einen Blick auf den Koch erhaschen und ein paar Gesprächsfetzen, die zwischen ihm und Luca hin- und herflogen. Der Koch hatte eindeutig meine Mentalität, was seine Kunstwerke anging. Er konnte es nur schwer verkraften, wenn daran – an einem perfekten Produkt, mit Liebe zubereitet – herumgemäkelt wurde. Als wir gegangen sind, habe ich ihm kurz gesagt, dass ich ihn für seinen Langmut bewundere und dass ich mit einem Messer an den Tisch gegangen wäre. Daraufhin hat er so sehr gelacht und ab dem Moment waren Dschidschi und ich die allerbesten Freunde. Das nächste Mal darf ich mir Polpette wünschen, die sind nämlich nicht auf der Karte, weil der Patrone ein dicker, bockiger und angsteinflößender Mann ist, der nicht gerne Neues auf der Karte vorfindet. Jetzt sind wir also wieder da und das Leben nimmt seinen normalen Schwung wieder auf. Vieles hab ich auf den Pisten gelassen und Vieles dazugewonnen. War echt schön.

2 Gedanken zu „Beim Dschidschi“

  1. Schön, dass die liebe Bloggerin es genießen konnte! Ja und sind die Italiener denn überall? Und klar, oft die, die Geld haben, meinen sich aufführen zu können wie sie wollen. Geld macht nicht immer höflich und schenkt schon gar nicht den nötigen Anstand!

  2. So etwas zu erleben, ist wunderbar und bereichert das Leben und nicht nur den Tag oder Urlaub. Denn Freundlichkeit zahlt sich aus. Und diese Leute, die sich so aufführen haben zuhause meist einen Hering über dem Tisch hängen. Denn wer Anstand hat, und der hat mit Geld garnichts zu tun, sondern mit Erziehung, benimmt sich nicht so. Aber wahrscheinlich sollte damit irgendjemand beeindruckt werden. Ist halt schief gegangen und wenn das Leben gerecht ist, bekommen auch diese Menschen eine Quittung, irgendwann, für schlechtes Benehmen.

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