Samstag oder Sonntag, je nachdem, wann es Nachbarn noch zuzumuten ist, über oder unter ihnen zu waschen, ist Bügelmorgen. Ich bügle gerne. In einer schnelllebigen Zeit mit oftmals eher unabsehbaren Projekterfolgen bietet Bügeln eine ideale Befriedigung: Hemd aufs Brett, erst Kragen, dann rechts vorne, dann seitlich, dann Rücken, dann links vorne, dann Ärmel, dann fertig. Wunderbar. Nach fünf Hemden und ein paar Hosen ist sichtbarer Erfolg geschaffen und ein gutes Gewissen. Und manchnmal kann die Zeit auch noch prima genutzt werden um sich über die Woche zu aktualisieren oder – huijuijuijuijui – um tagsüber den Fernseher anzuschalten. Ich bin mit dem strikten Grundsatz (nicht kommuniziert, aber vorgelebt) groß geworden, dass Fernsehen und Alkoholkonsum etwas sind, das nach Sonnenuntergang stattzufinden haben und ich bin nicht schlecht damit gefahren. Daytime-TV gab es in unserer Familie nicht und war bei mir immer ganz nahe bei Hartz IV, wobei es natürlich Lebenssituationen gibt, in denen eine gewisse Geschmeidigkeit in Bezug auf solch rigide Vorstellungen nicht schadet.
Egal. Jedenfalls beim Bügeln kann man prima fernsehen. Auch tagsüber, vor allem weil abends ja wohl kein Mensch bügeln möchte. Als ich heute Morgen mein Bügelbrett aufgebaut habe und nach einer Weile bemerkt habe, dass heute eher ein Tag für Fernsehen als für Austausch mit meinem Mann zu sein scheint, lief ein Western. Was hab ich früher Western geliebt!!! Mit meiner Oma hab ich quasi immer Western angeschaut und – jetzt fällts mir auf – früher gab es auch noch viel mehr davon. Bonanza und all das, vor allem mein All-time-Favourit „unsere kleine Farm“ finden sich nur noch zu ganz abartigen Zeiten, zu denen nicht mal ich bügeln würde. Heute Morgen jedenfalls lief „Rauchende Colts“ und ich war hingerissen. Sogar eine Doppel- oder Dreifachfolge. Ich vermute, die Ausstrahlungsrechte sind supergünstig und man kann kleine Kinder und ältere Menschen mit seniler oder juvenlier Bettflucht wunderbar am Sonntagmorgen damit beschäftigen. Mich auch. Ich war so entzückt, dass ich mir an sich eine doppelte Hemdenladung gewünscht hätte. Denn weiterschauen ohne dabei was zu tun ist nicht in meiner DNA. Leider.
Und als diese Nostalgie nicht schon genug gewesen wäre, kamen in der Werbung (die wir früher nicht kannten, nur aus amerikanischen Filmen und wenn dann so eine Lücke an der spannendsten Stelle war, haben wir uns wissend zugenickt, weil wir wussten, sowas müssen nur die Amerikaner erdulden – o tempora o mores!!!) auch noch die aktuellen Weihnachtswerbungen der großen Lebensmitteldiscounter. Und vielleicht ist es nicht nur mir, sondern auch meinen lieben Lesern aufgefallen, diese Spots entwickeln in den letzten Jahren wahren Kultstatus. Warum? Weil es ihnen tatsächlich gelingt, das hochemotionale Thema „Weihnachten“ in seinen vielen Facetten aufzugreifen und zu spiegeln. Sie regt zum Nachdenken an und schafft es, dass Menschen sich in ihr wiederfinden und vielleicht sogar den Geist der Weihnacht erhaschen können. Ob es der Vater und Opa ist, der seine Familie mit einer Todesanzeige zu sich lockt oder die Frau, die furchtbar Angst vor ihrer Schwiegermutter hat – das ein oder andere Gefühl kennt jeder und weiß, dass er damit nicht alleine ist. Und irgendwie ist das wie „Rauchende Colts“ schauen. Die kennt auch fast jeder und das gibt – wie alles Vertraute – ein wohliges Gefühl. Auch beim Bügeln.
Es ist in der Tat so, erziehen heißt vorleben. Wunderbar eigentlich, wenn man in die dem eigenen Naturell entsprechende Familie hineingeboren wurde. Dann ist das Leben vorgezeichnet und einfach. Meine Mutter hatte die ihrem Geburtsjahrgang (1916) entsprechend rigide Vorstellung von Moral und Sitte. Es war nicht immer leicht, das zu umgehen, aber mit etwas Geschick gelang es doch das eine oder andere Mal. Aber ihre Vorstellungen wirken bei mir noch immer. Essen und fernsehen ist ein absolutes No go und wenn es wegen ganz wichtiger sportlicher Entscheidungen unvermeidbar scheint, bekommt der Fußballgott sein Essen auf dem Teller und muss nur die klein geschnittenen Happen greifen und essen. Ebenso gilt immer noch, eine Mahlzeit am Tag findet für alle entweder zum Frühstück oder abends gemeinsam statt. Es ist doch wichtig, dass die Familie sich trifft und plaudern kann, ohne TV und mittlerweile wird ein Handyverbot eingeführt werden müssen. Mal sehen, wie es mit der Autorität aussieht. Man ist ja mittlerweile alt und schwächlich.
No Handy at Eatingtime! So schaut das heute aus und wird auch durchgezogen! Ich hatte mich ja bereits als Fernsehfunk geoutet, wobei das in letzter Zeit auch nachlässt. Nun ja, sei’s drum, es gibt doch nichts Schöneres als nach getaner Arbeit und Mittagessen mit der Familie an einem schlappen Samstagnachmittag irgendeine Liebesschnulze oder wie jetzt in der Vorweihnachtszeit „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ zu gucken! Ja ich bin Vorbild, aber halt auch ich selber und da die Kinder immer größer werden, lässt das mit dem Vorbild langsam nach und sie machen eh ihr eigenes Ding. Also ganz ehrlich: heutzutage muss man sich bei den Kindern eher Gedanken über Computersucht bzw. YouTube machen. Eine komplett andere Generation, an der man auch merkt, dass man alt wird und fernsehschauen nur noch was für Alte ist.