Entkalken

In einer Zeit, in der Maschinen einem die groben und komplexen Vorgänge wie Rasenmähen, Saugen und Nachdenken abnehmen, verschieben sich die Probleme und ich frage mich bisweilen, ob das Waschen am Waschbrett nicht doch eine prima und umfassend befriedigende Lösung gewesen ist. Heute braucht man dazu viel Geld, muss sich von Servicetechnikern anhören, dass „ab und zu der Filter gewaschen gehört“ und sich mit Freunden in sozialen Netzwerken austauschen, weil der gemütliche Ratsch am Brunnen fehlt. Ist doch nicht wirklich eine Verbesserung, oder? Was aber früher sicher nicht stattgefunden hat, war das unfassbar lästige Entkalken, mit dem meine Kaffeevollautomaten mich in regelmäßiger Wiederholung quälen. Von allen komplexen und planerischen Vorgängen in meinem Leben, das zu einem großen Teil aus planvollen Ereignisabfolgen besteht, belastet mich dieser am meisten.

Es ist mir inzwischen ein Leichtes, vier Monate im Voraus zu wissen, wann ich was in welches Land bringen muss, um es dann verfügbar zu haben oder wann ich mit dem Auto fahre, um dann auch wirklich alle Sportaccessoires dabei zu haben, wenn ich oder mein wesentlich sportlicherer Mann sie brauchen. Beim Entkalken stoße ich an meine Grenzen. Und zwar fast bis zur Verzweiflung. Ich bekomme Herzrasen, Nackenschmerzen, schnauze meinen Mann an, der dafür zuständig ist – kurzum alle Symptome einer veritablen Krise. Und warum das? Weil es sich um die klassische Verschiebung eines Problems handelt. Das, was man nicht selbst ins Bohnenmahlen, Melken einer Kuh, Aufschäumen etc. steckt, wird nachher beim Entkalken an Zeit und Nerven eingebüßt. Wie bei so vielem, bei dem der reizvolle Gedanke nahe liegt, doch wesentlich schlauer als jeder andere zu sein.

Ob bei Steuern, AG-Gründungen oder Eheverträgen, fast immer liebäugeln Menschen und auch Männer mit dem Gedanken, es schlauer als andere zu machen, listiger und klüger zu sein als die Schafe der Herde. Hier kann ich nur einen Satz meines leider sehr pünktlich in Rente gegangenen Ex-Steuerberarters zitieren: Die Steuer holt sich ihr Geld, zahlen Sie lieber, wenn Sie es haben. Nicht so sehr unterscheidet sich die Bibel davon, die vom Jüngsten Gericht und Buße für Vergehungen spricht und die Weisheit bleibt, dass am Ende alles rauskommt und für alles bezahlt werden muss. Aber ganz ehrlich: was um Himmels Willen habe ich getan, um andauernd Kaffeemaschinen entkalken zu müssen?

5 thoughts on “Entkalken

  1. Ein kluge Entscheidung von mir hat mich vor diesem Stress bewahrt. Als es darum ging, daß ich eine Espresso Maschine bekommen sollte, habe ich schlau gesagt ich will so eine altmodische, wo man dann das Kaffeepulver rausklopfen und so komisch reindrehen muß. Clever, die kann nur Espresso machen und nicht reden. Entkalkt habe ich sie irgendwie noch nie. Sie will das nicht. Ich habe aber auch einen Wasserkocher, der meldet auch nur durch blödes lautes Grummeln, daß es ihm jetzt reicht. Dann schau ich rein, siehe da alles dick voll Kalk. Dann kommt der schönste Teil, Entkalker lösen, zuschauen wie alles sich in Luft auflöst, nachspülen und wusch…. sprudelt das Wasser fröhlich vor sich hin. Also mein Leben mit Maschinen ist einfach.

  2. Ja, das kenne ich! Meine Maschinen nerven mich auch immer zum ungünstigsten Zeitpunkt, immer wenn ich in Eile bin oder eben nicht stundenlang neben dem Kaffeevollautomaten (der Name ist übrigens ein Witz ), um Wasser nachzufüllen, zu spülen oder sonst was zu tun. Eigentlich holt man sich nur zusätzliche Arbeit ins Haus, das Prunkschaf hat recht: je einfacher desto besser. Neulich hatte ich einen Wasserschaden im Keller, keiner wusste, wo es her kam, nur nebenbei erwähnt habe ich die Ursache gefunden, obwohl hier ein Mann nach dem Anderen es versucht haben! Der neue Trockner wurde verdächtigt und mir wollte ein Fachmann weiß machen, was man an dem alles reinigen müsste, damit er ordentlich trocknet. Ich meinte nur dazu, dass es eine Frechheit sei, was glauben die Hersteller denn, wieviel Zeit so eine Hausfrau hat. Diese Aktion, die leider vollkommen unsinnig war, weil das Wasser wie erwähnt einfach nur aus einen Schlauch lief, der nicht mehr ganz fest war, hat mich dann 129€ gekostet. Wie gesagt, den Fehler habe ich danach ja selber gefunden und da sag noch einer schöne neue Welt mit allen technischen Errungenschaften !

  3. Meine liebe Mare, beglückt stelle ich fest, Du lebst, bist nicht in Urlaub! Nur weiter so. Weißt Du, um den Blog lebendig zu gestalten, sind wir Beide gefragt, Du, die Neuzeit und Moderne und ich reflektiere nur noch das Leben aus dem vergangenen Jahrhundert. Wir ergänzen uns doch hervorragend. Lass mich ja nicht hängen. Und das mit den Männern und Maschinen und den Erkenntnissen, woran es hakt, wissen wir doch, Fachidioten. Drum bauen sie ja solche Maschinen, die ihnen jeden Schritt diktieren, weil ihnen der gesunde Menschenverstand fehlt, selber mal nachzuschauen. Sie sind es ja von uns Frauen gewöhnt, wir sagen ihnen ja auch, was sie tun sollen!

  4. Liebes Prunkschaf, danke, natürlich bleib ich dran, aber wie das so ist das Leben, es geht nicht immer im Gleichschritt und ist nicht immer stabil. Darum Verzeihung, dass ich etwas nachhinke, gebe alles, um dran zu bleiben und werde den Teufel tun dich hängen zu lassen.

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