Ein neues Ich im Wir

Im Laufe der vergehenden Jahre sind manche Phänomene zu beobachten. Haare – eigene und die von Freunden – werden weniger und/oder grau, Autos werden größer oder flacher und schneller und Ehen gehen auseinander. Das sind teils unausweichbare, teils auch traurige Entwicklungen. Was jedoch auffällt – zumindest mir – ist, dass viele neue Partner und Partnerschaften vor allem eines gemeinsam haben: sie sind emotional unauwändig. Mir fällt kein besseres Wort ein. Viele der Neupartner, die sich großartig in das Leben einfügen und fröhlich und nett sind, fordern scheinbar nur wenig emotionale Beteiligung vom einst leidenschaftlichen Teil eines Paares. Woran liegt das? Kann er nicht mehr? Will er nicht mehr? Hat er seinen Schwung verloren oder einfach alle Gefühle schon verbraucht?

Außer den Partnern, wegen denen die Beziehungen ursprünglich kaputt gehen, die aber leider meist nur launenhafte Übergangslösungen sind, sind die darauf folgenden meisten wenig fordernd und erinnern an versteinerte Bernsteinfliegen. Vernünftig, lassen Freiheiten, wo man vielleicht gar keine möchte und leben ansonsten unbeirrt ihr eigenes Leben. Das ist sehr, sehr verständlich. Keine Trennung verläuft ohne schreckliche emotionale Wunden und es ist Mensch und Tier gleich, sich schützen zu wollen und aus Erfahrungen zu lernen. Aber schade ist das schon. Wenn eine oft hormonelle Laune in der Folge fast das gesamte Emotionsspektrum ruiniert. Wenn soviel mehr kaputt geht als „nur“ eine Ehe. Wenn so viele Facetten und Unbeschwertheit von einem Menschen wegfallen.

Sicher, das sind dann alles sehr erwachsene Beziehungen, in denen Dinge am Küchentisch ausdiskutiert werden und wo akzeptiert wird, dass der andere seinen Freiraum für Hobbys, Freunde und Sport braucht. Vieles davon wäre nicht übel, ließe es sich auch in eine Erstbeziehung integrieren, aber offenbar wird man wirklich nur aus Erfahrung klug. Klug vielleicht schon, aber auch flach wie ich finde. Genügsam und vorsichtig. Das, was früher von Emotionen bestimmt war, regelt heute der Verstand und das tut er zuverlässig und sorgsam. Aber was rede ich, man kann ja gar nicht in Menschen reingucken, ist vielleicht alles ganz anders. Schön wäre das.

3 thoughts on “Ein neues Ich im Wir

  1. Sicher bin ich bei einem Gespräch über Beziehungen nicht direkt der richtige Partner. Immerhin habe ich zwei Ehen gebraucht, um festzustellen, dass es so nicht geht. Sicher, man kann den Leidens- und Duldensweg wählen, wer aber will das. Das war noch in der Generation meiner Eltern Gang und Gäbe, aber das Leiden das daraus erwuchs, dieses nicht gelebte Leben, dieses Zurückhalten aller schönen Emotionen ist nicht wünschenswert und macht ein Leben sinnlos. Das Problem ist sicher, dass man für verschiedene Lebensabschnitte verschiedene Menschen braucht. Es gibt gute, sensible Menschen, die klug und vorausschauend den einen richtigen Menschen getroffen und dann auch behalten haben. Durch unsere Art zu leben, haben wir an einen Lebenspartner unendlich viele Ansprüche und vergessen dabei, auf die wichtigen Aspekte zu achten. Wichtig sind Treue, Zuverlässigkeit, Bereitschaft sich mit dem Partner einigen zu wollen und absolute Zuneigung, die nicht gleich beim ersten Zwischenfall aufhört. Zu erkennen, was der Partner tatsächlich für einen tut, auch wenn das manchmal nicht offensichtlich ist. Ach, da kann man noch viel zusammentragen, aber es ist schon nicht leicht unser Leben. Lasst es uns lieben und unseren Partner auch.

  2. Auch ich stelle fest, dass neue Menschen ins Leben treten und man irgendwie versucht, ihnen nahe zu kommen. Ich versuche ja immer, die Menschen zu erkennen, wie sie sind. Leider klappt das nicht immer und ich glaube, es liegt an den Erfahrungen, die die Menschen gemacht haben. Man wird vorsichtig lässt sich nicht mehr auf tiefe Gefühle ein, hat einfach Angst, enttäuscht zu werden. Jeder Abschnitt im Leben fordert andere Beziehungen, das stimmt schon, erst sind es die Familie dann die Freunde im Sport oder Studium, dann kommt die Liebe, wenn man Glück hat gründet man eine eigene Familie usw.! Ich weiß nicht, wie es weiter geht, aber sicher ist, man wird immer zu denen finden, die einem im Herzen begleiten, denn nur mit denen kann man Höhen und tiefen durchstehen.

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