Paris lebt

Ob es nun ein Zufall ist oder eine verschämte kleine Folge der fürchterlichen Ereignisse oder ob es gar an mir liegt? Jedenfalls habe ich in den letzten beiden Tagen so erschütternd persönliche, nachgerade herzliche Erlebnisse auf den Straßen rund um unsere Wohnung in Paris gemacht, dass ich sie gleich hier und jetzt mitteilen muss. Außerdem komme ich mit meinen Weihnachtsgeschenken überhaupt gar nicht voran und das, obwohl die Wasserhähne glänzen, neue Artikel versprochen wurden und die gesamten Spesen des Monats November erledigt sind.

Ich bin ja in erster Linie mit hierher gekommen, weil ich mir selbst ein Bild von der Situation in Paris machen wollte, denn nichts ist schlimmer als die Fantasie, vor allem meine. Die ist zu allem fähig. Im Guten wie im Schlechten. Und was muss ich feststellen? Nicht nur, dass wenige Autos fahren und die Straßen dadurch angenehm leer sind, es sind auch weniger Touristen da und das Leben ist ein wenig, nun ja, nicht dörflich, aber ruhiger geworden. Schöner irgendwie. Das wirklich Großartige, außer dass wir einen sehr guten Italiener entdeckt haben, ist, dass mich gestern nicht nur mein Metzger vom Hackbrett aus durch die Scheibe gegrüßt hat (vielleicht hat er auch nur meinen gepunkteten Einkaufswagen gegrüßt, aber da bin ich nicht eitel), es hat mich auch noch eine ältere Dame mitten auf dem Bürgersteig angesprochen, ob ich denn diese Dekoration schon bemerkt hätte, ihre Tochter habe sie darauf aufmerksam gemacht und nun wollte sie eben wissen, ob sie die Einzige war, die sie nicht gesehen hat. Ich war zunächst ganz perplex, konnte mich dann aber fangen und sehr kompetent mit ihr über die glitzernden Füllhörner sprechen. Es hätte natürlich auch ein ganz besonders perfider Taschendiebtrick sein können. Aber wer würde sich denn hier bitte noch über solche Banalitäten aufregen?!

Dann heute in meiner Reinigung lächelt mich doch tatsächlich die Besitzerin an und wir schnattern fröhlich über die mageren Pariser und dass das ja an sich gar nicht wahr sei, sie hätte manches Mal geradezu Zirkuszelte zum Bügeln. Daraufhin haben wir uns wie alte Freundinnen verabschiedet und ich bin sinnierend heim gegangen. Man darf das keineswegs als normal bezeichnen und auch nicht erwarten. Aber wenn selbst die kühlen, etiketteversessenen Pariser auf einmal eine klitzekleine Sehnsucht nach Menschlichkeit in sich verspüren und dem Wunsch nachgeben, gut sein zu wollen, dann kann doch eigentlich nur Weihnachtszeit sein, oder? Ja, ja, ich mach schon weiter mit meinem Geschenk, kann ja nicht gut zwei Beiträge an einem Tag posten.

3 thoughts on “Paris lebt

  1. Da scheint mir die liebe Bloggerin sich doch endlich in Paris eingelebt zu haben. Das hört sich an wie in Rom, wenn sie erstmal ihre Einkaufstour startet und durch ihr Viertel zieht. Das ist doch schön und da sind wir auch schon wieder bei der Vertrautheit, den immer wiederkehrenden Ritualen und Gewohnheiten, die einem selbst in einer nicht ganz ungefährlichen Stadt Sicherheit und Wohlbefinden geben.

    • Die Antwort ist hier! Wo immer sie noch ist. Jetzt ist sie da, wo sie sein soll. Finally! Heureusement. Wenn ich es nicht von der sehr verehrten Bloggerin mit dem Holzhammer vermittelt bekommen hätte, könnte ich es heute nicht weitergeben. Das bekannte und berühmt Lo-La Prinzip. Es gibt ein Buch darüber, ich lese es immer wieder und es könnte eigentlich auch ein Zweizeiler sein. Es vermittelt folgende Weisheit. Jeder, alles ist das, was Du von ihm denkst. Es stimmt! Wenn ich denke, mein Gegenüber ist sehr sehr nett, sehe ich nur die netten Seiten an ihm. Wenn ich meine, er ist eine Pfeife, kann er machen, was er will, ich erkenne es nicht.
      Nun ist vielleicht ein kleines Wunder geschehen und man sieht Paris auf Grund der schrecklichen Ereignisse anders. Plötzlich menschlich, nicht mehr als alles verschlingenden, seelenlosen Moloch. Das ist ein Wunder und wunderschön!!! Gottseidank ist unsere sehr verehrte Bloggerin sensibel genug, diese kleinen Signale zu erkennen. Möge diese Fähigkeit nie enden!

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