Das Zigarettenwunder

In den guten alten Zeiten, in den ich noch geraucht habe, gab es oftmals die Situation, wo man sich nur eine Zigarette (vielleicht sogar die Letzte in der Packung) anzünden brauchte und schwupps, schon geschah wie von Zauberhand das, worauf man vorher eine Ewigkeit gewartet hat. Busse kamen angerollt (ich hab während meiner Schulzeit geraucht, schändlich, ich weiß. Kinder, lasst das sein!), Essen wurde serviert (meine Güte, man durfte im Restaurant rauchen! O Temporas, O Mores!!!) oder der Flug wurde aufgerufen. Egal was, es ging immer genau dann voran, wenn man sich in sein Warteschicksal gefügt hat und es sich darin so richtig gemütlich gemacht hat. Meine Mutter kann ein Lied davon singen, dass ich häufig und gerne dann anrufe, wenn sie für – angeblich – zwei Minuten den Müll weg bringt, wobei gesagt sein muss, dass ich sie recht häufig anrufe. Ich vermute, das sagt sie mir immer nur, während sie in Wahrheit ein Gebiet in Friedberg unsicher macht. Ich hingegen sitze manchmal stundenlang still und festgetackert am Schreibtisch, wehe ich gehe auf die Toilette, dann klingelt erst das eine Telefon und gleichzeitig auch das Handy.

Vom Lippenstift an der Ampel auftragen möchte ich nicht erneut anfangen, davon hatten wir es schon mal. Aber ist es nicht eigenartig, dass man so lange auf ein Ereignis hinfiebert und sich dann irgendwann denkt, ach gut, dann halt nicht und es dann beleidigt aufpoppt als wäre nichts gewesen. So ähnlich geht es uns mit dem Internet und Telefon hier. Also wie ich gerade feststellen muss, eher mit dem Telefon, denn das Internet hat uns nach einer kurzen Stippvisite bereits wieder verlassen und ich werde meine Handyflatrate noch ein wenig weiter strapazieren müssen, um diesen Beitrag online zu stellen. Gestern jedenfalls habe ich beschlossen, dass der Tage des Wartens auf Telefon genügend vergangen sind und habe meine Rufumleitung gelöscht. Prompt ging am Abend das Telefon.

Und diese Phänomene betreffen beileibe nicht nur die tote Materie. Auch mit Menschen kann es ganz ähnlich ergehen. Wer kann sich nicht an die schrecklichen Jahre erinnern, wo man bebend vor Spannung vor dem Telefon saß, in der Hoffnung, er möge endlich anrufen! Ist man dann endlich von der Mutter in den Stall oder zum Einkaufen oder mit dem Hund geschickt worden, konnte man fast hundertprozentig sicher sein, dass der ersehnte Anruf eine Sekunde nach Verlassen des Hauses kam. Und leider kann das auch generell in Beziehungen passieren. Irgendwann wird es einem egal, man richtet sich ein, findet andere Freunde und nimmt vielleicht das Fahrrad statt den Bus.

2 thoughts on “Das Zigarettenwunder

  1. Dass wir nicht mehr rauchen, ist eine großartige Errungenschaft! Daran wollen wir um Himmelswillen nicht rütteln. Zu meiner Kinder- bzw. Jugendzeit genügte es, wenn meine Mutter den Löffel in die Suppe tauchte, nachdem sie verzweifelt ihre hungrigen Kinder stundenlang ruhig gestellt hatte. Dann kam endlich der Herr des Hauses. Das ist das, was man immer unter Loslassen verstehen sollte. Können tue ich es ja auch nicht wirklich, aber manchmal werde ich schon sehr zornig wenn ich ewig auf etwas warten muss, wenn es dann kommt, will ich es nicht! Auch wenn mir das schwerfällt.
    Aber manchmal genügt es tatsächlich, den Dingen ihren Lauf zu lassen, denn ganz gescheite Leute sagen, dass man immer das bekommt, das einem gut tut. Leider ist das nicht immer das, was wir wollen. Ein wenig Ruhe schadet nicht, meine sehr verehrte Bloggerin. Wir beide kennen den Fisch, der sein Leben lang darauf wartet, dass sich die Dinge von selbst erledigen, soll er weiter warten!

  2. Das mit dem nicht mehr rauchen ist weiß Gott ein Segen und wir alle können froh sein, davon los gekommen zu sein. Das mit dem Schicksal und was sich einem zuwendet und abwendet ist so eine Sache. Oft sind es die eigenen Erwartungen, die uns ohne die Gedanken und Sorgen des anderen zu kennen, schnell ein Schlusspunkt setzen lässt. Niemals geht man so ganz, das Herz sollte man sprechen lassen und über seinen Schatten springen und tun was man fühlt, ohne darüber nachzudenken und ohne Konsequenzen zu befürchten. Denn nicht was man erlebt, sondern wie man es empfindet macht das Schicksal aus. Ich bin sehr froh, dass die liebe Bloggerin in dieser Zeit neue Freunde findet und sich mit dem arrangieren kann, was ist. Ich kann das nur schwer und so treibt es meine Gedanken immer weiter, ohne dass ich mich darauf einrichten kann.

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