Gut geplant…

Spontan, beinahe überstürzt bin ich heute zu einem Spätsommerbesuch nach Rom aufgebrochen. Und dabei ist mir einmal mehr aufgefallen, dass man immer, aber wirklich immer aufpassen muss wie ein „Haftlmacher“. Landläufig gelte ich als gut organisierter und vorausschauender Mensch, nur wenn mich etwas wirklich am Herzen packt, denke ich keine Sekunde nach und sage zu oder mache es. Meistens geht es dann auch richtig gut. Besser als alles, was ich mir zurechtgeplant oder gedacht hatte. Ist wohl bei den meisten Menschen so. Dieser Besuch in Rom passte an sich nicht wirklich rein, war ein Herzenswunsch und musste sein und so habe ich mich am Sonntag beim Familienessen kurz absentiert und alles gebucht. Gewundert hatte ich mich schon da, dass alles so unverhältnismäßig teuer ist und schon so ausgebucht. So auch der Parkplatz (es ist das doofe lange Wochenende!!! Wer denkt denn an sowas???!!!). Dass meine Langzeitparkerplätze umgebaut werden, wusste ich noch nicht, aber das wäre mir auch piepegal gewesen, denn seit die Zubringerbusse dort nur noch fahren, wann sie Lust dazu haben und man schon mal ein Taxi herbeiwinken muss, was die Mischkalkulation empfindlich aus dem Gleichgewicht bringt, haben die mich als Stammkunden so was von verloren! Dafür hab ich – leider schon nach dem Genuss köstlichen Roséchampagners und wunderbaren Rieslings – ein Parkhaus gebucht, das mit großer Terminalnähe geprotzt hat und über das ich mir keine weiteren Gedanken gemacht habe. Warum auch? Ist ein Parkhaus, keine Handtasche. Ja, von wegen! Dann habe ich mich – und das ist eine kleine Schwäche von mir – nicht mehr mit dem Thema befasst. Denn ich denke mir dann meist, jetzt hast Du alles gut geplant, kannst es weglegen und dann wird schon alles passen und gut gehen.

Bis kurz vor dem Flughafen war auch noch alles gut, ich habe mit meiner Mutter telefoniert und dann begann das Drama (das kann ja auch mal in anderer Reihenfolge sein, wie alle, die Mütter haben, wissen). Jedenfalls: Dieses Parkhaus gibt es nicht! Zumindest nicht dort, wo alle ordentlichen Parkhäuser sind. Es war noch ganz früh und ich wollte meinen Mann nicht anrufen und im Übrigen könnte ich das ja auch nicht, wenn ich gar keinen hätte. Habe ich aber zum Glück und deshalb hab ich ihn dann doch angerufen, weil zum ersten Mal keine Polizei zum Fragen da war (ich liebe es, Polizisten zu fragen, das ist eine ganz ähnliche Motivation wie vor über 35 Jahren (sic!), als ich mit meinem Opa in Kenia einen Haifisch bestellt hatte, weil ich die Vorstellung beruhigend fand, diejenige zu sein, die ihn zuerst isst und nicht umgekehrt. Man muss dazu sagen, dass ich mich sogar in einem Pool vor Schatten unter mir fürchten kann!). Unter Mühen haben wir es dann gefunden, vor allem, weil mein Mann erstaunlicherweise mit meiner Standortbeschreibung „rechts sind Flugzeuge hinter einem Zaun“ nichts anfangen konnte. Aber wenn er die Antwort nicht verträgt, darf er – so finde ich – auch nicht fragen, was ich sehe. Egal, unter größten gemeinsamen Anstrengungen haben wir es dann gefunden. Es ist ein scheußliches Parkhaus mit Gitterboden und sehr verwirrend. Dafür offenbar das Parkhaus der Wahl von allen Profis. Bin in ca. 20 Stewardessen reingerannt als ich kopflos versucht habe, mich zurecht zu finden. Schon beim letzten Mal hab ich so ein verlassenes Gebäude am äußersten Eck des Flughafens gefunden.

Über eine Luftbrücke oder so ähnlich kam man zur S-Bahn!!!! Und dann muss man auch noch aufpassen, dass man nicht in die Stadt fährt. Dafür habe ich entzückt festgestellt, dass man mit der S-Bahn aus der Stadt eins A direkt vor Terminal 2 fahren kann. Also da gibt es ja wahrlich gar keinen Grund mehr, ein Taxi zu nehmen. Würde ich ja niemals machen! Ich habe natürlich ab dann alles wunderbar gefunden und bin mir sicher, dass P81 das neue P41 werden wird und ähnlich wie die von mir entdeckte und weitermissionierte Diktierfunktion am Handy künftig in aller Munde und aller Gebrauch sein wird. Bin sehr stolz, dass ich meinen Horizont so dermaßen erweitert habe und als ich dann meinen Mann auch noch dabei erwischt habe, dass er meinte, ich hätte bestimmt einen Sitzplatz hinten bekommen und bräuchte ewig zum aussteigen (er war noch nicht am Flughafen, hihihi), war ich sehr von mir und meinen globetrotterischen Planungsfähigkeiten überzeugt. Ich werde diese Aufregungen nun bei etwas feiern, von dem ich wirklich was verstehe: einer Pasta und einem Glas Wein in der Stadt! Die ist noch da, wo sie hingehört und wenn man sich mit der Vespa verfährt, ist das überhaupt kein Drama. Denn….alle Wege führen nach Rom!

Das Lerchlein in den Lüften schwebt….

….und singt den Himmel an, vom grünen Feld es sich erhebt und grüßt den Ahaaackersmann. So lautete der Refrain des Lieds, das ich mit acht oder neun Jahren im Chor in unserer großen Stadthalle mit meiner damaligen Singschule vorgetragen habe. An diesen Tag kann ich mich exakt erinnern und das ist besonders, denn Vieles sonst ist mir gänzlich entschwunden. Damals trug ich mein Kommunionkleid, das schon ein wenig eng und vor allem sehr, sehr warm war und weil das so war hat mir meine Mutter einen Tip gegeben, den ich bis heute beherzige: Lass kaltes Wasser über die Innenseite Deiner Unterarme laufen, das kühlt den ganzen Körper. Und so war es. Ich glaube, zusammengefasst – ohne die zahlreichen Präsentationen in meinem Leben – kann ich mich noch an zwei weitere Auftritte erinnern und die waren grauenvoll. Einmal als Engel beim Weihnachtsspiel und einmal als irgendein Römer in einer Betttuch-Toga im Gymnasium. Das war auch noch auf Lateinisch, was den Vorteil hatte, dass nur Herr Kunzemüller wusste, ob man patzte oder nicht.

Warum ich all das schreibe? Weil ich gestern wahnsinnig spontan beim Singen war. Und es einfach wundervoll war. Ich hab gar nicht gewusst, wie mir das Singen gefehlt hat. Ich meine jetzt nicht das fröhliche Mitkrähen im Radio oder auf Festen, ich meine das wirkliche gemeinsame Singen, auf andere hören und mit ihnen in einem Chor verschmelzen. Das ist ein Gemeinschaftserlebnis, das mit nichts zu vergleichen ist. Und wie die liebe Bekannte, die mich mitgenommen hatte sagte, man kann dabei an nichts anderes als das Singen denken. Es ist so gesehen die perfekte Yogaübung, bei der Geist und Körper zusammen sind und nur im Jetzt und vielleicht eine kleine Zeile vorweg sind. Ich bin zwar noch keine Zeile vorweg, weil ich keine Noten lesen kann und generell eher einen Achteltakt nachhinke, um zu wissen, wo’s hingeht, aber die Profis huschen schon mal ein bisschen vor, wie ich gestern bemerkt habe. Es ist ein reiner Frauenchor und schon allein das ist wunderbar. Manche kommen abgehetzt, manche gar nicht, es wird geschnattert und – was ich am allerschönsten finde – bei manchen Liedern steht man um den Flügel herum. Das ist sooooo toll!!!

Als ich vor einigen Tagen sehr spontan gesagt hatte „ui, da komm ich mit!“, hab ich gar nicht weiter drüber nachgedacht, was mich erwarten könnte. Das hab ich dafür gestern getan und mich furchtsam gefragt, ob ich wohl auf einem Podest stehen und vorsingen müsste? Gar nach Noten? Ohne Begleitung? Aber nein, alle sind sich ziemlich ähnlich, man darf eigentlich bei der Stimme mitsingen, die einem liegt und keiner wird geschimpft. Ein Traum. Auch werden große Auftritte geplant und ich habe schon vorgeschlagen, dass für den Fall, dass uns gar niemand hören möchte, man ja immer noch in den Zoo gehen könnte. Das wurde als letzte Notlösung in Betracht gezogen. Jedenfalls wird einmal mehr deutlich, dass Anlagen, die in der Kindheit angelegt, gar gefördert werden, zu den erstaunlichsten Zeiten im Leben reaktiviert werden können. Meine Mutter hat immerhin auch wieder mal getöpfert und es zeigt sich, dass es im Menschen drin steckt, Schönes zu tun und danach zu streben und es zu produzieren. Eigentlich wirklich schön oder?

Gesund essen

Gestern war ich kurz in der Stadt und als ich so über den Markt gehuscht bin, haben mich da die wunderschönsten Trauben angelacht, die ich seit langem gesehen habe. Nun bin ich absolut kein Freund unverarbeiteter Trauben (außer sie hängen an der Wand als Produkte wilden Weins bei meinem liebsten launischen Italiener mit dem schönen Gastgarten und mein Mann jault vor Entsetzen auf, wenn ich sie esse), aber diese haben selbst mich gelockt. Pralle grüne samtige Dinger. Einfach schön. Und so appetitliche große Gebinde – der Wahnsinn! Wild entschlossen hab ich auf eine Traube gezeigt, sie mir einpacken lassen und souverän einen Fünf-Euro-Schein hingehalten. Die Verkäuferin hat mich erwartungsvoll angeschaut, ich sie auch, bis sie dann sagte: 8 Euro 41, ach was, machma 8,40 bitte! Wäre fast lang hingeschlagen. Dazu möchte ich sagen, dass ich den Wert eines Einkaufswagens, eines Korbes voller Kleinigkeiten auf der Dult und den Preis eines noch nicht gewogenen Fisches ziemlich exakt schätzen kann. Dieser Preis hat mich schlichtweg umgehauen.

Darf das sein, dass ein gutes Kilo Weintrauben aus Italien mehr kostet als ein Mittagsmenü in der benachbarten Markthalle mit Fleisch, Gemüse und Sättigungsbeilage und Salat und Wasser? Das ist doch krank. Wie sollen Menschen sich denn da gesund ernähren? Wo führt das denn hin? In Rom zahle ich für ein Kilo Trauben (vermutlich dieselben) 2 Euro 50. Der Transport kann doch nicht so teuer sein. Und darf es dann weiter sein, dass ein Brathähnchen 2,99 kostet? Ich weiß, da regen sich alle drüber auf, aber man kann sich auch gar nicht oft genug mit dieser Absurdität beschäftigen. Was ist nun also falsch? Der Preis für tote Lebewesen oder der Preis für Obst und Gemüse? Was geschieht auf unseren Anbauflächen? In vielen Ländern, in denen Obst und Gemüse gut wachsen und einst zur normalen täglichen Nahrung und Kultur gezählt haben, nimmt die Hungersnot und die Erosion und überhaupt alles angeblich zu, weil dort nur noch für uns reiche Europäer angebaut wird. Und dieses Obst und Gemüse ist dann auch noch günstiger. Und ist dann alles, was teurer ist, wirklich so bio und menschen- und umweltfreundlich??

Ich beginne Menschen zu verstehen, denen das ein oder andere in ihrem Leben egal ist, woher es kommt, wie es produziert wird, welche Folgen es für die Umwelt hat. Sie haben einfach weder die Zeit, noch das Geld, noch die Kapazität, sich darüber Gedanken zu machen. Zum Beispiel wollte ich heute eine Fusselbürste kaufen. So eine altmodische, die aus samtähnlichem Stoff besteht und die man so umdrehen kann, damit man mit und gegen den Strich oder mit links und rechts bürsten kann. Ich finde zwar die Kleberollen auch praktisch, aber sie haben halt immer einen Plastikstil und produzieren Müll. Und was soll ich sagen? Es gibt sie im größten Drogeriemarkt unserer Stadt schlichtweg nicht mehr. Sie werden nicht mehr nachgefragt oder nicht mehr angeboten. Was soll das? Ich hatte schon mal über all die blöden Plastikspiele, Becher und so weiter geschrieben, Stammleser können es vermutlich nicht mehr hören/lesen, aber ich finde wirklich, dass die Verbraucher in Extremwerte getrieben werden und einige wenige sich alleine dagegen stemmen – und verzweifeln und ihr Leben dann damit vergeuden. Ich leider nicht mehr. Das waren garantiert meine letzten Trauben dieser Art. Sooooooo wahnsinnig gut waren sie auch nicht und ich hab einen ganz entzündeten Gaumen. Sooooooo bio können sie also auch nicht gewesen sein. Ich weiß schon, warum ich sie verarbeitet lieber mag. Werde mich jetzt einem Glas davon widmen.

Zustellung

Vor einiger Zeit wurde mal eine zauberhafte Kolumne zum Thema „Online-Bestellung“ veröffentlicht. Von einem Mann zwar, aber nicht minder zutreffend. Was natürlich nicht heißen soll, dass Männer grundsätzlich keine Ahnung haben, wenngleich beim Thema „Einkaufen“ durchaus noch Luft nach oben ist. Zumindest bei den meisten. In dieser Kolumne wurde mit spitzer Feder darauf hingewiesen, dass das Online-Shoppen durchaus auch mit mehr Aufwand verbunden sein kann, als das klassische Bummeln und in ein Geschäft gehen, sehen, probieren, bezahlen und vielleicht auch noch beraten werden. Das, meine Herren, ist ein seltener idealer Ausnahmefall und natürlich würde ich über so etwas auch gleich eine Kolumne schreiben. Die Realität sieht hingegen wesentlich betrüblicher aus und nicht immer findet man genau das, was man sucht, weil man ja oft noch gar nicht weiß, dass man etwas sucht, geschweige denn wie genau es aussehen soll. Man weiß nur, welches Gefühl man haben möchte, wenn man es trägt. Oder dass man jetzt ganz genau das Konzept der Frau neulich auf der Rue Saint Honoré getroffen hat, der man ja schwerlich nachlaufen und sie nach allen Details fragen könnte. Davon abgesehen, dass man so etwas niemals tun würde, weil man es schon hasst, wenn einen andere kopieren. Egal.

Dann jedenfalls kommt das Online-Shopping gerade recht. Man sitzt auf dem Sofa, schaut einen Film, von dem man sich deutlich mehr versprochen hat und schnobert so durch die Online-Gazetten. Auf einmal poppt eines dieser unglaublich listigen und einfühlsamen Werbebanner auf und zeigt einen fantastischen Fellmantel. Natürlich weiß man, dass das zugeschnitzte Werbung und damit sehr böse ist, aber der Film ist noch viel böser, weil langweilig und ein Konto hat man ja eh bei dieser Firma. Kann man ja mal schauen. Und dann nimmt das Schicksal seinen Lauf, man bestellt noch ein schwarzes Kaschmirjäckchen der Lieblingsfirma und fertig ist die Laube. Zustellung in drei Tagen. Man freut sich, weil man es – gemäß Wettervorhersage – bereits Mitte September tragen kann….Irgendwann in diesen drei Tagen verlässt man dann selbst als homeofficeschaffender Freiberufler mal die Wohnung und schwupps wird das Paket geliefert. Die Abholkarte grinst einen hämisch an und zum hundertsten Mal fragt man sich, nach welchem Prinzip diese unergründlichen und geheimnisvollen Paketboten ticken? Mal legen sie es vor die Türe, mal geben sie es dem Nachbarn, mal in eine Abholbox und mal bringen sie es in eine Postfiliale, die sage und schreibe 2,4 Kilometer entfernt ist.

Wäre ich nun eine alte gebrechliche Frau und hätte mir eine Büchersendung für meine einsamen Abende bestellt, weil ich die Bücher nicht mehr nach Hause wuchten kann und hätte dann meinen Enkel (so ich einen hätte!!!) gebeten, mich dorthin zu fahren und die schweren Bücher zu schleppen, dann wäre ich gestern genauso wie wie viele andere vor dem Schild „Heute wegen Betriebsversammlung geschlossen“ gestanden. Und was dann? Dann müsste ich ihn entweder am nächsten Tag wieder bitten oder mit der Straßenbahn dorthin fahren, das schwere Paket holen und es nicht nur aus der Stadt, sondern auch noch diese ganze Strecke heimtragen. In diesem Punkt hat der kluge Kolumnist vollkommen Recht. Face-To-Face-Einkaufen hat auch Vorteile. Die sind jedoch eher im spontanen und eher zufälligen Jagderfolg begründet. Alles geplante und vernünftige Einkaufen, wie wir Frauen es eben schätzen, findet im Internet statt. Heute jedenfalls war die Filiale wieder offen und ich konnte ein RIESIGES Paket in Empfang nehmen, das kaum in mein Stadtfahrzeug gepasst hätte. Und was soll ich sagen? Den Mantel hätte ich im Geschäft in der Tat nicht gekauft. Und so auch nicht. Aber das Jäckchen, das ist ein süßes Dingelchen und darf bleiben. Es bleibt also unentschieden.

Erste Strumpfhose

Heute war es soweit: Nachdem ich letzte Woche – aufgrund brillanter Wettervorhersagen – mit blau gefrorenen Beinen und Füßen (ja, auch wir in Bayern können – die Betonung liegt auf „können“ dazwischen unterscheiden! – rumgelaufen bin, war es mir heute Morgen nach einem Blick auf die beschlagenen Scheiben dann doch zu blöd und ich habe mich ergeben und Strumpfhosen auf meine immer noch wunderbar gebräunten Beine angezogen. Was das für die Bräune und den Frust bedeutet, muss ich wohl niemandem sagen. Erstens ist es bei Strumpfhosen wie bei weißen Handtüchern, an denen einem erschreckend deutlich wird, wieviele Hautschuppen man wohl täglich verliert und wie schnell die sauer und teuer erarbeitete Hautpigmentierung im wahrsten Sinne den Bach runter geht und zweitens sind die ersten Strumpfhosen ein resignatives Eingeständnis, dass die Sommerzeit wohl endgültig zu Ende geht und dass nun wieder viele, viele Monate Strümpfe folgen. Bis die Allertapfersten unter uns sie im April, Mai wieder weglassen (zwar auch zum Teil blau gefroren, allerdings mit Optimismus!).

Meine heutige saisonal erste Strumpfhose habe ich mit der gleichen Todesverachtung übergezogen wie schon als Kind. Es zählt – und da bin ich nach einigen Recherchen im Freundeskreis keineswegs alleine – zu den traumatischsten Kindheitserlebnissen, eine Strumpfhose unter einer Hose angezogen zu bekommen und zu tragen. Bei mir kam noch die Mehrfachbelastung mit der Bluse unter dem Pulli hinzu. Dies alles in den Siebziger Jahren, als die Pullovermode auf engen Ärmeln bestand. Ein Graus. Sah hübsch aus, gar kein Zweifel, aber das Rumgezupple hat meiner Cousine und mir Wut- und Verzweiflungstränen in die Augen getrieben. Heute jedoch habe ich es schlau gemacht und zur ersten Strumpfhose das erste Mal ein neues Kleid getragen, dies allerdings unvernünftig ohne Unterhemd, was ich zutiefst bereut habe, aber das Hemdchen soll seinen gesonderten Premierenauftritt haben. Da muss man schon gerecht sein. Es hat schließlich ebenso lange im Schrank gelegen und sich womöglich ungeliebt und vergessen gefühlt. Und damit sogar für ein paar wenige Monate Recht gehabt.

Ärgerlich an der ersten Strumpfhose und dem ersten Hemdchen ist nur eines: wenn die Natur dann herbstgemäß beschließt, einem saukalten Morgen mit Raureif einen wahnsinnig warmen Mittag und Nachmittag folgen zu lassen. Und wer schon einmal in Strumpfhosen und mit Unterhemd in der Sonne saß, weiß, wovon ich spreche. Was also tun? Zügellos alles von sich werfen? Das ginge im Moment zwar noch, weil die Beine braun und die Schuhe passend sind, aber wie lange noch? Spätestens im Goldenen Oktober ist damit Schluss. Käsige Beine unter naturgemäß kürzeren Herbst- und Winterkleidern sind nunmal ein Unding. Andererseits, diese Gefahr scheint zumindest im Moment gebannt, es zieht schon wieder zu und ich denke, ich ziehe mir noch ein Strickjäckchen über. Geht halt doch auf Weihnachten zu. Übrigens: das auf dem Foto sind nicht meine bestrumpften Beine. Für sowas hab ich eine eigene Kategorie in meinem Fotoprogramm.

Wie Nutella nach ganz langer Zeit

Ich sehe fast nie fern. Gestern nach einem produktiven Tag war es zu einer völlig ungewohnten Zeit so weit und als ich mich so durch die Kanäle gearbeitet hatte, war mir doch, als kenne ich diese Gesichter… zwar auf eine „stimmt, das hat man ja mal getragen“-Art, was Kleidung und Haare anging, aber dennoch. Und beim Blick in den Teletext (heißt das so??) wurden meine größten Hoffnungen bestätigt. Die Verbotene Liebe ist zu mir zurückgekehrt. Welch unerwartete Freude! Zwar ganz von Anfang an, aber alleine das Wissen, dass ich Jahren ungetrübten Genusses entgegen blicke – denn die ganze Serie lief meines Wissens so um die zehn Jahre, wenn nicht mehr – und dass sie einfach immer da ist, wenn ich möchte, hach, das hat schon was. Es ist wie diese gustatorischen Erinnerungen, die man ja manchmal hat, wenn man etwas schmeckt, das man lange nicht mehr geschmeckt hat. Nutella zu Beispiel. Kein vernünftiger Mensch in meinem Alter würde so etwas noch kaufen, wenn er keine Kinder hat, aber sie bei anderen Menschen auf eine Semmel zu schmieren, kann wahre Hochgenüsse bedeuten. Und so ähnlich ist das eben auch mit der VL, wie wir Insider sagen.

Sie war – ich hatte sogar bei ihrem endgültigen Absetzen einen eigenen Blogbeitrag dafür verfasst – ein steter und treuer Wegbegleiter. Ganze Projekte wurden in der Zeit zwischen 18 und 18.25 still gelegt, Anrufe habe ich nicht beantwortet und verabredet hätte ich mich NIEMALS um diese Zeit. Mir war übrigens schon immer klar, dass ich ein Suchttyp bin, deshalb habe ich niemals was Stärkeres als Marlboro genommen und selbst denen trauere ich heute zeitweise noch ein wenig nach. Ich finde, manchmal geht einem das ich mit Menschen so. Die verliert man im Laufe der Zeit – warum auch immer – und dann trifft man sie durch Zufall wieder und freut sich sehr, sie wieder in seinem Leben zu haben. Warum es auseinander ging und keiner versucht hat, es aufzuhalten, ist dann völlig nebensächlich und niemand weiß es mehr so genau, aber dass es wieder ist, ist schön. Übrigens auch ein Grund, warum ich gerne auf „klärende Gespräche“ und „Aussprachen“ verzichte. In der notwendigen rationalisierten Form, in der sie stattfinden, richtet man meist mehr Schaden als Nutzen an. Zumindest kenne ich fast niemanden, der sich nach einer Aussprache besser gefühlt hat als vorher, denn derjenige, der sie verlangt, möchte meist nur seinen Zorn loswerden und nicht über sich nachdenken.

Ich habe das große Glück, dass mich das Leben oder Schicksal oder was auch immer, meist mit den Menschen wieder zusammen führt, die ich auch gerne um mich habe, während ich anderen prima aus dem Weg gehen kann und das auch tue (wie eben auch der Nutella). Und schon seit ich denken kann, schwimmen mir die Dinge in den Weg, die ich mir in irgendeinem Winkel meines Herzens ersehne. Manchmal schnappe ich dann nicht zu und arbeite danach noch dran, warum nicht, aber dann kommt meist etwas, das noch richtiger ist und so habe ich mir auch keine neue Lieblingsserie gesucht und übrigens auch keinen neuen Hund in mein Leben geholt. Wie sind wir um Himmels Willen denn jetzt auf all das gekommen? Egal, die Verbotene Liebe gibt es wieder und das ist „alles, was zählt“.

Brotkörbe und andere Versuchungen

Also ich muss schon sagen: habe ich vor einer Woche noch fürchterlich heiß gehabt, ist es inzwischen empfindlich kühl morgens in Bayern. Ging das immer schon so schnell? Kommt es mir nur so vor? Auch habe ich den Eindruck, dass sich mein Essverhalten einem gesunden Winterspeck-Anfutter-Modus annähert, ich könnte den gesamten Tag über reichhaltigste Kohlehydrate zu mir nehmen. Gestern zum Beispiel war ich auf dem Stadtmarkt eine Fischsuppe essen, die macht der Mann von meinem Yogalehrer und sie ist wahrlich köstlich. Man hat zudem so ein gutes Gefühl, wenn man sie bestellt, weil es handelt sich ja lediglich um Fischfilets….und beließe man es dabei, wäre ja auch alles tipptoppi. Dazu allerdings bekommt man einen herrlichen Brotkorb und damit nimmt das Elend dann seinen Lauf – wie eigentlich fast immer. Ich kann mich noch erinnern, als ich vor über 25 Jahren (jaja, so lange gehe ich schon essen…) mit einer Freundin beim Italiener war und sie sagte: tu bloß das Brot weg von mir! Ich war so verwundert. Böse ist doch nur Schokolade, aber sicher niemals Brot. Oder Wein. Oder gar Nudeln.

Hach, das waren noch Zeiten. Beata Ignoranza! Heute weiß man ja leider von so ziemlich allem, wofür und vor allem wogegen es ist. Gegen flache Bäuche, schmale Hüften, muskulöse Oberarme, für festes Bindegewebe, mehr Hirnleistung und eine bessere Darmkultur. Es ist alles so kompliziert geworden und ich finde auch, dass die Restaurants es einem auch immer schwerer machen. Gestern zum Beispiel war ich abends (ja, ich weiß: zwei Mal am Tag ist auch schändlich!) wirklich erleichtert, dass kein Brot auf dem Tisch stand. Das ging so lange gut, bis Antonio entsetzt sein Auge über den Tisch schweifen ließ und meinte: Meine Güte, man hat euch noch gar kein Brot gebracht. Meine zugegebenermaßen leisen Protestrufe gingen unerhört in seinem schnellen Sprint zur Theke unter und im Nu hatten wir ein überquellendes Körbchen voll mit warmer, weicher Focaccia, hausgemachten Crissinis und noch irgendso einem Teufelszeug. Muss das sein?? Kann man da widerstehen? Ich verstehe jeden Mann, der bei hübschen Frauen schwach wird. Ich werde es garantiert bei Brot. Und die Folgen sind ähnlich schlimm wie ich finde.

Antonio jedenfalls war hochzufrieden und hat mit gütigem Lächeln meine Bestellung aufgenommen, die wie fast immer eine Tagliata war, weil ich mir da zumindest noch ein paar blöde Kohlehydrate spare (ähnlich wie bei der Fischsuppe….). Es ist ja mit vielen Dingen so. Man kauft sich ein günstiges Hemdchen und stellt dann fest, dass es haargenau die Farbe dieser genialen Hose im Schaufenster hat und schwupps landet man bei einer ganz miesen Mischkalkulation. Oder man bringt sein Auto extra zu einer vertrauten und ehrlichen Werkstatt, die einem mal statt ganz viel auszutauschen einfach das Kontrolllichtchen abgeklemmt haben und die wollen dann beim Smart die höhenverstellbaren Scheinwerfer austauschen?! Was ich sagen möchte ist ganz einfach: Es ist immer und überall ein Nullsummenspiel. Die allerbesten Vorsätze werden fast immer untergraben und so kann man sein Geld und die Kalorien auch gleich von Anfang an raus- bzw. reinhauen! Guten Appetit und Horrido beim Herbstshopping!

Welcome to real life

Da wir mit dem großen Glück gesegnet sind, seit nunmehr zwanzig Jahren Babies und Kleinkinder und Kinder überhaupt um uns zu haben, geht ein bissen – auch in unserem Selbstbild – unter, dass wir an sich auch schon Leute kennen, die sich anschicken, ihre Kinder aus dem Haus zu schicken (von alleine gehen die wenigsten, warum auch?). Aber, es gibt sie. Und es ist ein erstaunliches Phänomen bei ihnen zu beobachten: zuerst können sie es gar nicht abwarten, alleine in den Urlaub zu fahren, mit Freunden, mit der Freundin, mit einer Clique – was auch immer – nur weg von den spießigen Urlauben mit den spießigen Eltern. Dann kommt das eine Jahr, das wir auch mal alleine mit unseren Freunden im Urlaub verbringen durften, das Jahr, auf das wir hingearbeitet haben, auf das wir uns gefreut haben, das wir als Lohn unserer Treue betrachtet haben und das einfach schön war. Und dann? Dann sind sie auch schon wieder dabei.

Sie fanden es zwar ganz chillig mit ihren Freunden, aber es ist halt schon ein Unterschied, ob man in einer Villa am Meer ist, einem schönen Hotel mitten in Stadt oder in einer Pension (Jugendherbergen oder Campingplätze kennen diese Rotzlöffel ja schon gar nicht). Und ob man sich im Restaurant einen Wagyū-Burger bestellt und frisch gepressten Orangensaft oder beim Bordeaux mittrinkt oder eben alles selbst zahlen muss oder gar Freunde hat, die es selbst zahlen müssen und deshalb eben Pizza essen gehen. Auch blöde, wenn man ein Schlauchboot mieten oder gar gar keines mieten kann, statt auf Papis Boot mitzufahren oder ob man in einem japanischen Kleinwagen zum Strand gondelt oder in einem flotten Audi. Ach, einfach alles doof. Langer Rede, kurzer Sinn: Sie sind wieder dabei. Und mir wird schon ganz flau, wenn ich dran denke, dass sie das durchziehen, bis oder auch darüberhinaus, wenn sie eigene Kinder haben. Zum Glück verstehen mein Mann und ich uns gut und werden viele, viele Reisen alleine planen.

Aber mal ganz im Ernst: Was erwarten Eltern, deren Kinder im Restaurant mit acht Jahren nur Orangensaft („but only freshly squeezed!“) bestellt haben und sich Massagen und Zimmerservice mit einer Selbstverständlichkeit geordert haben, die ich mir erst ca. zehn Jahre nach dem Studium angeeignet hatte? Die bei schwarzen Trüffeln angewidert das Gesicht verziehen und ein falsch gebratenes Filetsteak mokiert zurückgehen lassen? Die Eltern sind stolz, dass sie ihre Kinder am Lifestyle teilhaben lassen und denken, das sei sicherlich auch ein Ansporn. Gleichzeitig höre ich heute im Radio, dass 40% aller Schulkinder Depressionen, Stresssymptome und Ängste wegen dem hohen Leistungsdruck haben. Ja logisch! Wie sollen sie denn jemals gleich ziehen? Gar besser werden? Klar, ist das ein Wahnsinnsdruck. Und ich muss sagen: zwar habe ich mich geärgert, dass die Limo, der Schinken und die Schokolade nur für meinen Papa waren, aber ich hab es ziemlich klaglos akzeptiert und ich glaube, das wäre für viele kleinen Würmer auch heute noch besser: zu verstehen und erleben, dass man sich Gutes auch mal erwarten und erarbeiten muss.