Ich hab’s einfach verdrängt. Auch meine Schuld hab ich verdrängt. Meine geliebte Verbotene Liebe stirbt einen Tod auf Raten. Jetzt kommt sie nur noch wöchentlich. Und warum? Weil Menschen wie ich und bestimmt auch Andere die Mediatheken entdeckt haben. Welch Glück, welch Freiheit haben sie in mein stark zeitlich reglementiertes Leben gebracht. Erst als ich nach Paris gezogen bin und das französische Fernsehen beim allerbesten Willen nicht anschauen konnte, denn wer kann schon stundenlang zuhören, wie sich ungewaschene Menschen von allen, wirklich gar allen Problemen berichten, die es bei der Wohnungssuche und aum Arbeitsplatz und im Land und in der Literatur und in der Kunst gibt, habe ich die Freuden der Mediathek entdeckt. Konnte ich ahnen, dass ich damit durchs Raster falle? Nicht mehr als Zuschauer gezählt werde? Dass Legenden deshalb sterben müssen?
Ich wäre doch mit Freuden weiterhin über brennende Mülltonnen gesprungen, um rechtzeitig vor den Fernseher zu kommen. Vor allem, wo es jetzt diese herrlichen, wunderbaren langen Folgen gab. Die man sich genüsslich aufsparen und dann irgendwann – auch parallel zur laufenden Folge – anschauen konnte. Leichten Herzens hätte ich weiterhin Freundinnenrunden verlassen oder Yogastunden verschoben, wenn ich gewusst hätte, welche Folgen mein egoistisches Tun mit der Mediathek haben wird. Wie oft bin ich noch zu Live-Zeiten keuchend heim gerast, hab alles hingeworfen und pschschscht-rufend den Fernseher angemacht? Das könnte ich wieder tun. Echt jetzt. Ich würde es auch. Jederzeit. Egal, wo.
Und das Allerschlimmste, nämlich dass ich eine Zeit lang gar nicht geschaut habe, käme gar nie mehr vor. Ich könnte den Fernseher programmieren, dann würde ich doch mitgezählt werden. Damals, vor Jahren, als ich mir das Rauchen abgewöhnt hatte, da habe ich wirklich nicht schauen können. Das war zu sehr mit dem Ritual verbunden. Um sechs Uhr die erste Zigarette und Hinsetzen, Abend anfangen, danach Kochen. Oh weh, oh ach. Jeder wusste früher, wenn er um sechs Uhr anruft, gehe ich nicht hin. Alles perdu. Denn wenn ich jetzt nicht mehr schaue, habe ich nicht das wohlige Gefühl, dass sie ja immer noch da ist, ich mir etwas anspare und dafür irgendwann morgens um vier Uhr eine Folge schauen kann. Ich schaue nicht, weil es nichts mehr zu schauen gibt. Warum wird die Mediathek nicht mitgerechnet? Es wird doch sonst alles überwacht im Internet, warum das nicht? Es bleibt nur die Hoffnung, dass der deutsche Zuschauer irgendwann mal die Nase voll hat von all den verblödenden Quizsendungen oder provinziellen Mordfolgen mit Mundart. Sowas gehört nämlich verboten, nicht die Liebe!
Wenn ich das lese, diese dramatische Veränderung im Fernsehen, dann fällt mir meine allererste, über alles geliebte Serie – Inspector Hooperman – mit seinem Jack Russel ein. Diese Serie lief nur zwei Jahre von 1987 bis 1989. Aber ich hätte mein Leben gegeben, nur um jede Folge wegen Hooperman zu sehen. Hinreißend! Dagegen ist die verbotene Liebe kalter Kaffee. Muss ich sagen leider. Ich empfehle mal kurz diesen Inspector Hooperman zu googeln. Ach, da steht doch meine Jugend wieder auf. Gut, Bonanza hat man hin und wieder angeschaut, Denverclan auch, aber Hooperman. Das könnte wegen mir heute noch laufen. Ich hab ja mal kurzzeitig Dahoam is dahoam ausgeschaut, aber mir sind das zu viele Verwicklungen und der ganze Mist erinnert doch sehr an Lindenstrasse und Co. Immer zeitgerecht und politisch korrekt, unwahrscheinliche Storys, das mag ich nicht mehr. Ich schaue nur noch Tom und Jerry, Bud Spencer und Terence Hill, von mir aus, bis ich es auswendig runterbeten kann und Inspektor Barnaby und Mord mit Aussicht. Ja, ich weiß, wo bleibt der intellektuelle Anspruch? Brauch ich nicht, hatte ich genug in meinem Leben, jetzt will ich nur noch blöden Spaß haben. So.