Männer im Supermarkt

Ich fahre ja oft und gerne zum Einkaufen. Vor allem hier in Rom. Die meisten Leute in den Geschäften meiner Wahl arbeiten schon seit Ewigkeiten dort und so kennen wir uns und freuen uns aufeinander. Vom Metzger werde ich regelmäßig zur deutschen Politik befragt, was mich fast in ebensogroße Verlegenheit bringt, wie die gleich darauffolgenden Fragen nach dem deutschen Fußball. Meist verstehe ich sie gar nicht so richtig, weil der Dialekt doch sehr arg ist und auch ein wenig Genuschel hinzu kommt. In meinem Supermarkt, den ich vor Jahren aus der Versenkung meiner Gedanken gehoben habe und in dem ich inzwischen wie ein Großwildjäger, nein eher wie ein Trüffelsammler wahre Schätze entdecke und berge, habe ich ein paar fröhliche Mädels, mit denen man herrlich über das Leben an sich und im Speziellen philosophieren kann. Fast immer sind sie fröhlich, nennen einen Amore oder Bella und scheinen sich ein Loch in die Mütze zu freuen, wenn man ein halbes Brot möchte.

Nun hat der Supermarkt – vermutlich nicht nur dank meiner wiederaufgenommen Einkäufe dort – vor zwei Jahren total renoviert und seitdem haben wir auch eine Wursttheke. Zunächst dachte ich noch: naaaa, das geht doch nie, das ist doch so ein günstiger Supermarkt, fast wie der Aldi, was soll es da schon geben?! Aber weil man ja Neueerungen gegenüber aufgeschlossen sein soll, habe ich dort meinen gekochten Schinken gekauft. Zunächst nur hundert Gramm und ganz dünn geschnitten. Und als ich forsch auf die Frage nach der Sorte geantwortet habe, dass ich bitte gerne den besten hätte, konnte ich bei dem Schinkenschneider ein rasches Glitzern in den Augen sehen, denn fast nichts freut sie mehr als eine willfährige Kundin, die aber schon auch das Beste zu schätzen weiß, sich aber gleichzeitig anleiten lässt und angebotene Ware erster Güte probiert und danach auch noch sagt, dass sie vorzüglich war. Eine ebensolche kann ich sein. Ein Bund fürs Leben war geschmiedet mit Alessio und Michele (glaub ich). Alessio zeigt mir seine Zuneigung inzwischen verbal, indem er gerne in englischen Brocken mit mir kommuniziert, was fast noch schwieriger zu verstehen ist als der römische Dialekt vom Metzger gegenüber oder handfest, indem er mich mit Mozzarrella- und Schinkenstücken abfüttert. Wir sind ein Dreamteam und er hat mir versichert, er würde Frauen immer und in jeder Form zufrieden stellen, was mich sehr beruhigt. Für mich und auch für seine Frau.

Gestern, als ich zu einer für mich sehr ungewöhnlichen Zeit einkaufen gefahren war, habe ich bereits auf dem Parkpatz frohlockt. Nur ein anderes Auto, wo sich normalerweise zwanzig stapeln – ein Traum. Auch drinnen gähnende Leere, ein,zwei verlorene Männer, sonst nichts. In fünf Minuten bist Du raus, dachte ich mir und bin frohgemut in Richtung Schinken gestürzt. Ein Kunde vor mir – prima! Alessio krähte erfreut sein Ciao Bellissima und als ich gehört habe, dass er auch schon genau wusste, was ebendieser Kunde vor mir nehmen wird (due, due, due, vero? – si!), hab ich mich schon auf meine eigene Bestellung vorbereitet. Fast hätte ich sie vergessen. Was sind Männer nur für Ratschkattln! Fußball, Fernsehen, Frauen – alles haben sie eingehend besprochen, der Wahnsinn! Dann kam noch einer angeschlendert, der zwar keinen Schinken wollte, aber ganz sicher auch mitreden und schön langsam habe ich angefangen innerlich von tausend runter zu zählen. Irgendwann war ich dann doch dran, habe Alessio während des Bestellvorgangs die Basics im Deutschen (ich liebe Dich) beigebracht und wurde durch diese ganze Bummelei Zeuge eines mörderischen Streits zwischen dem Fleischzerteiler, den wir Kunden gar nie zu Gesicht bekommen, weil er immer im Kühlraum sein muss (was offenbar auch seinen guten Grund hat!!!) und der Filialleiterin. Es scheint so, als ob der Kühlraum Sergejs Gemüt erst so richtig aufgeheizt habe, es hat nicht viel gefehlt und er hätte sein Hackebeil geholt. Ich komme immer wieder zu dem Schluss: Männer im Einkaufs- und Verkaufsbereich müssen mit Bedacht gewählt werden. Männer im Einkaufssektor sogar mit noch mehr Bedacht. Sie können sonst ganze Lawinen an Stau und Empörung auslösen.

5 Gedanken zu „Männer im Supermarkt“

  1. Dazu kann ich nur gratulieren, denn diese Gnade erfahren wir hier in den Geschäften nicht. Meist hat man das Gefühl gerade zu stören oder ungelegen zu kommen. Also ich empfinde das Einkaufen in unserem römischen Feldlager als freudlose Pflichtübung.
    Meist habe ich meinen Fußballgott als oberste Instanz dabei, der einen kolossalen Schlag bei den Damen an der Wursttheke hat, die führen ihn sogar notfalls an der Hand quer durch den Supermarkt, um ihm, dem Hilflosen, zu zeigen wo das Wollwaschmittel steht. Mittlerweile lasse ich ihn alleine dort einkaufen, denn wenn die mich sehen, ist der Markt kaputt. Und Männer sind kaum im Verkauf zu finden, und wenn dann vereinzelte, verschreckte, magere Exemplare in Baumärkten.

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