Zauberhaftes Italien

Für alle Zuhause- bzw. Noch-Zuhause-Gebliebenen: Es ist in Rom kein bisschen warm und grauen Wolken hängen über der Stadt, was mich sehr empört und verängstigt, weil ich mein Auto als Erstes gewaschen habe, wie ich das übrigens in Rom immer tue. Es steht während meiner Abwesenheit so treu und brav in der Garage, wird eingestaubt und respektlos von Katzen besetzt, da ist es das Mindeste, was ich tun kann bei meiner Rückkehr. Trotz der deutschen Wetterverhältnisse und Gewohnheiten haben wir sofort bemerkt, dass wir wieder in Italien sind. Denn in Rom ist Taxistreik. Und das seit fünf Tagen. „Uber“ und vor allem „Uber Pop“ sind die Steine des Anstoßes. Das ist verständlich. Zumindest aus Sicht der Taxifahrer, die teilweise jahrelang ihre Lizenzen und Konzessionen abbezahlen, mit denen ein recht übler Handel getrieben wird. Angeblich vergibt die Stadt zu wenige. Und die, die vergeben sind, streiken recht oft. Dass sich dort – ebenso wie in Paris – ein privates und flexibles Unternehmen prima hineinschlängeln kann, liegt auf der Hand. Unser höchsteigener Tassista, der liebe Berardo teilte mir all dies bereits per WhatsApp mit, als ich ihm unsere Ankunftszeit mitteilte.

Und so kam er dieses Mal nicht als Taxifahrer, sondern als sehr guter Freund der Familie im Auto seiner Tochter. Und welch Glück, dass er seine Tochter vergöttert und verwöhnt. Deshalb konnten wir mit unserem nicht unerheblichen Gepäck in einem Einser BMW Platz nehmen. Mein Vater war kein Taxifahrer und ich auch Einzelkind, aber mein erstes Auto war der Uralt-Golf von meiner Oma und den musste ich ihr auch noch abkaufen. Das ist jedoch ein anderes Thema und soll hier nicht weiter behandelt werden. Im Hinterkopf kann man es ja mal behalten. Berardo (so heißt er und nach über fünfzehn Jahren bin ich mir immer noch nicht hundertprozentig sicher, ob das sein Vor- oder Nachnamen ist) stand also bei den Abflügen, weil man ihn bei der Ankunft erkennen und gegebenenfalls lynchen würde. Als er uns ratlos suchend sah, ist er aus dem Auto gesprungen und wir sind wie zwei Verliebte aufeinanderzugeeilt, weil auch noch die Polizei und Teile des italienischen Militärs um uns herumstanden. Damit es noch glaubwürdiger wird, hat er auch noch meine Mutter sehr geschmust und uns fürsorglich Stück für Stück in den deutschen Kleinwagen geschichtet.

Heute dann, als wir für meine Mutter endlich eine Handtasche gekauft haben, durften wir erneut feststellen, was für ein zauberhaftes und engagiertes Land dieses Italien doch ist. Kaum mit dem Taxi an der Spanischen Treppe angekommen, sind wir in das Geschäft ihres Vertrauens, besser gesagt ihrer Sehnsüchte gestürmt und haben dort einer verdatterten Verkäuferin in Rekordzeit eine Handtasche abgekauft. Sie spricht vermutlich jetzt immer noch darüber, welche tollen Modelle es gibt und dass um drei Uhr in Mailand die Herbst/Winterkollektion vorgestellt wird. Wir bekamen Espresso und Wasser und nach einer halben Stunde haben wir uns auch schon wie zuhause gefühlt. Aus Ermattung und Resignation hab ich mich dann auf die Treppen gesetzt – mein Mutter hat da mehr Contenance und ist stur wie ein Sägebock an der Kasse stehengeblieben – und habe begonnen, mir meine Gedanken über den Durchlauf in solchen Geschäften zu machen und wie oft mein Mann dort vernünftigerweise einkaufen würde, wenn der Bezahlvoqrgang zwanzig Mal so lang dauert wie das Auswählen. Dann kam die Lösung: Es war keine passende Schachtel aufzutreiben, der Po der Tasche, so wurde mir erklärt, sei zu sperrig und passte in jede Schachtel in letzter Sekunde dann doch nicht hinein. Nun, welche Frau kennt dieses Problem nicht? Man habe jetzt jemanden in ein anderes Geschäft geschickt, um eine Schachtel holen zu lassen. Und das hat nun eben gedauert. Es ist und bleibt ein hinreißendes Land dieses Italien.

Baguetteannagen

Nur wenig Dinge im Leben sind verlockender als ein frisches Brot/Baguette oder gekochter Schinken aus Italien. Und deshalb gelingt es mir fast niemals, von einem frisch gekauften Brot oder eben Baguette nicht sofort ein Stück abzunagen. Früher war ich der Schreck meiner Mutter, wenn ich ausgehöhlte Brote vom Bäcker mit nach Hause gebracht habe. Heute der meines Mannes, der es unpassend findet, dem Baguette noch im Geschäft oder auf der Straße den Po abzunagen. Ihm zuliebe beherrsche ich mich bis nach der Kasse. Denn normalerweise nehme ich es und breche ein Stück ab. Schlimm. Das mit dem Schinken in Italien ist hingegen ein Kindheitsversprechen an mich selbst. Früher, wenn wir unsere Ferien in Italien verbracht haben, gab es einen kleinen „Despar“, bei dem man schon auch mal Bonbons rausbekommen hat, wenn kein Kleingeld in der Kasse war oder es sich um so piepkleine Beträge gehandelt hat, die beim besten Willen nicht mehr monetarisierbar waren. Dort haben wir unsere größeren und kleineren Einkäufe erledigt. Und neben massig Schokolade und Ovomaltine für meinen unterernährten Vater, gab es auch immer den herrlichen gekochten Schinken, der in Italien so ganz anders schmeckte und immer noch schmeckt als in Deutschland.

Schon der Kauf war außerordentlich aufregend. Die Maschinen viel größer und auch die Verpackung. Die Ware wurde in Waschspalier eingewickelt, der Preis mit dickem schwarzen Filzstift auf das hellbraune Papier geschrieben und dann thronte er duftend in unserem Kühlschrank. Hauchdünn war er geschnitten und herrlich trocken (ich mag außer bei Fleisch fast gar nichts Saftiges, vielleicht noch bei Zwetschgendatschi, aber keinesfalls bei Garnelen oder Fisch!!!). Und er sollte die Quelle einer großen Sehnsucht werden. Er war nämlich für den Papa. Man konnte schon mal eine Scheibe haben, aber nicht die Mengen, die ich gerne gehabt hätte. Und damals vor dem kleinen Kühlschrank in der Küche mit dem Vorhang habe ich mir geschworen: wenn ich mal groß bin, kaufe ich mir gekochten italienischen Schinken, so viel ich will. Und esse ihn ohne Brot. Morgens, mittags und abends. Nun muss man wissen, es gab bei uns vernünftigerweise auch keine Cola oder Fanta oder so einen Kram. Aber das war mir relativ egal. Der Schinken war und ist bis heute hingegen eine große Freude für mich und mein Metzger in Rom weiß ganz genau, dass es keine gute Idee ist, ihn erstens zu dick zu schneiden und mit zweitens nicht probieren zu lassen.

Nun bin ich sicherlich mit solchen Kindheitserinnerungen oder -sehnsüchten gut dran und kann sie relativ harmlos im Leben ausleben (natürlich hilft es, dass ich regelmäßig in Italien bin, wer weiß, welch schlimme Störung sich sonst in mir breit gemacht hätte), aber was ist mit all den Menschen, denen (noch) Wichtigeres als dieser Schinken gefehlt hat? Neulich habe ich in der Mediathek einen Zweiteiler über den zweiten Weltkrieg gesehen und dass damals Kinder nach England verschickt wurden. Sie lebten dort bei fremden Familien – über Jahre hinweg – und sollten dann wieder zurück zu ihren eigenen (traumatisierten) Eltern. Wie soll das gehen? Und wie kann es sein, dass unsere Wohlstandskinder heute beinahe verstörter, dicker und lebensunfähiger im Sinne von sozial auffällig sind als diese Kinder? Fehlt ihnen das Korsett der Disziplin, an dem sie sich halten können? Ich für meinen (kindheitserinnernden) Teil freue mich jedenfalls sehr, dass ich momentan zwar noch in Paris, morgen aber bereits in Rom sein werde und als eine der ersten Taten mindestens 200 Gramm gekochten Schinken ordern werde. Wieviel davon nach Hause kommt, steht auf einem anderen Blatt.

Eine Yacht ist immer länger

Früher habe ich über Menschen wie ich es heute bin, gekichert. Sucht sich jemand wirklich einen Film vorher aus, den er im Fernsehen anschaut? Stimmt es, wenn jemand sagt, er schaut am liebsten „ARTE“ oder inzwischen auch „Servus TV“? Wegen der schönen Tier- und Landschaftsfilme? Oder Dokumentationen? Kann doch gar nicht sein, dachte ich mir. Aber heute gebe ich freimütig zu: Ja, wenn ich schaue, dann gezielt. Und bei der heutigen Recherche, nachdem ich zwei Tage hintereinander aus war und deshalb ein ganz schlechtes Gewissen habe, bin ich auf eine beachtliche Doku gestoßen: „Arme Reiche“. Da ist die Rede von Selbsthilfegruppen für Multimillionäre und der Disziplin „Reichtumsforschung“, die auf wissenschaftliche Erkenntnisse zur Vermögenskultur abzielt. Die Sorgen der Reichen drehen sich – wer hätte es gedacht – ums Geld. Also nicht viel anders als bei Nicht-Reichen. Dabei kann einem die Niedrigsinspolitik genauso zusetzen wie Währungskrisen oder Vermögenssteuern. Ein Elend. Wahrlich.

Habe ich neulich noch gelesen, dass manche Reiche – allerdings in diesem Fall Milliardäre – immer einen vollgetankten Heli mit laufenden Rotorblättern bereit stehen haben, um sich im Fall eines politischen Zusammenbruchs in ihrem Land (Trump!) oder zu vielen Immigranten schnell, schnell an einen anderen sicheren Ort transportieren zu lassen. Klar ist es prima, wenn man derartige Fall-Back-Options hat, aber lebt man damit ruhiger oder eher unruhiger? Kann wirklich so viel passieren? Klar, wenn es denn soweit ist, ärgert man sich, nicht drüber nachgedacht zu haben. Aber immer daran denken? Auch nicht schön. Was noch viel weniger schön sein muss, ist, dass fast immer jemand zehn Zentimeter mehr Yacht hat oder eine Flügellänge voraus im Privatjet ist. Und weil mir das Schicksal hold ist und mir eine Vorabend-Magazinsendung anschaue, weiß ich auch, dass eine wahnsinnig hässliche, ziemlich alte Multimillionärin sich wieder mit ihrem fast schon teeniehaften (sie 76, er 50) Liebhaber ausgesöhnt hat. Kichernd mutmaßte er, er hätte ihr einen 49-Karat-Ring geschenkt, sie wollte wohl aber einen 50-Karäter. Klar, da würde ich meinem Mann auch das Gesicht zerkratzen.

Geht man die Thematik mal streng logisch an, wird schnell klar: Um wirklich richtig (erfolg)reich zu werden, braucht es eine gehörige Prise Narzissmus (hab neulich gelesen, dass überdurchschnittlich viele Narzissten in den Führungsetagen zu finden sind). Der gibt nämlich den nötigen Schwung, all seine Ideen für großartig und umsetzbar zu halten und das ist ja meist schon die halbe Miete (nur bei US-Präsident scheint es dann doch nicht zu genügen). Ärgerlich für Narzissten ist dann nur noch, dass sie auch wahnsinnig schnell gekränkt sind, andere Menschen oftmals für ihre Zwecke ausbeuten und deshalb kein wirklich stabiles Freundessystem aufbauen konnten und wollten. Und dann sind wir ziemlich schnell beim Thema „Arme Reiche“. Ich möchte jetzt nicht den Gänseblümchenspruch „wer Freunde hat, ist reich“ zitieren, aber es ist schon was dran, dass es zum Glück beiträgt, sich über einen der ersten Sonnentage freuen zu können. Und wenn man dann noch jemand hat, mit dem man in der Sonne einen Cappuccino trinken kann, kann der Heli ruhig am Boden bleiben. Auch wenn die Frau am Nebentisch eine echt hübsche Handtasche hatte….

Männer in Filzpantoffeln

Über so vieles im Leben macht man sich Gedanken: Werde ich die Prüfung bestehen? Hab ich noch Butter im Haus? Passt der schwarze Rolli zum silbernen Plisseerock? Über so vieles andere wiederum nicht. Das ist ein Fehler, wie ich spätestens seit einer kürzlichen Veranstaltung weiß. Die Frage der Stunde müsste lauten: dürfen Männer bei einer Einladung im eigenen Haus gemütliche, ausgelatschte Filzpantoffeln tragen? Hm. Wer hätte sich darüber je Gedanken gemacht? Es war nie notwendig und schwupps sind wir bei dem, was mein Orga-Professor an der Uni einen „Hygienefaktor“ genannt hat. Und der hat an sich recht wenig mit Hygiene zu tun. Konkret geht es dabei um die Umstände und Fakten, die nicht positiv auffallen, wenn sie vorhanden sind, weil sie – ähnlich wie saubere Waschräume – als eine Selbstverständlichkeit vorausgesetzt werden. Sind sie jedoch mangelhaft oder liegen gar nicht erst vor, fallen sie umso unangenehmer auf und haben auch Einfluss auf andere, durchaus positive Umstände und Elemente. Sie haben also eine geheime Macht, die erst durch ihre Abwesenheit zum Tragen kommt. Voll fies sowas.

Bei manchen Dingen braucht es aber tatsächlich so einen Hygienefaktor, der dem eigenen Unwohlsein bei bislang unbedachten Sachverhalten so richtig Form und Gestalt gibt. Wenn es bei uns klingelt oder wir Besuch haben, werde ich echt fuchsig, wenn mein Mann keine Schuhe anhat, bei Frauen geht es im Sommer vielleicht noch, wenn sie barfuß sind, aber Männer sollten in meinem Unterbewusstsein wohl doch immer verteidigungs- oder auch angriffsbereit sein. Und das sind sie nun mal nicht in Schluppen. Daher fürchte ich auch nichts mehr als Einladungen, wo ich Schuhe vor der Haustüre (entsetzlich) oder im Flur (grauenvoll) vorfinde und mir liebevoll ein Paar Pantoffeln hingestellt wird. Ich hab mir etwas gedacht, als ich genau diese Schuhe zu meinem Outfit gewählt habe. Es wirkt in Strümpfen einfach nicht. Oder ich bin tollkühn bei Eisregen barfuß in Lackschuhe gehüpft, weil ich ein bisschen Sommergefühl haben wollte und es einfach besser aussieht. Dann wirke ich wie eine hilflose Ente, die sich durch hohes Laub watschelt. Ein einziger Graus. Und kein Parkett der Welt kann dies wert sein finde ich (deshalb sieht meines auch so aus wie es aussieht).

Was ist es, das Schuhe so besonders macht? Die Frage an sich ist für Frauen beinahe unvorstellbar, die meisten würden nur selten auf eine Gelegenheit verzichten, neue, hohe, unbequeme, einzigartige oder seltene Schuhe zu tragen und zu zeigen. Schuhe haben so viele Vorteile. Sie sind nicht weiter nachtragend, auch wenn man zwei Wochen nur von Eis und Pasta und Weißwein gelebt hat, ignorieren, dass die Jeans von H&M und das T-Shirt vom Freund ist, gehen eine Allianz mit der Handtasche ein oder stemmen sich ihr charakterstark entgegen und verleihen der Trägerin Streetstyle-Chic, kurzum: Schuhe sind unverzichtbare Begleiter im Leben. Vielleicht nicht im Haus. Dort kann auf sie verzichtet werden, aber wenn ich drüber nachdenke, auch erst in den letzten Jahren. Meine Mutter oder meinen Vater habe ich selten bis niemals ohne Schuhe gesehen. Wikipedia sagt dazu: „In der Antike war das Tragen von Schuhes das Vorrecht der Herrschenden und damit ein Symbol der Macht, während die Sklaven barfuß gehen mussten.“ Erniedrigt man sich also selbst, wenn man sich anderen barfuß präsentiert? Oder ist es in einem bestimmten gesellschaftlichen Kontext einfach respektlos, in Filzpantoffeln aufzukreuzen? Egal wie, auch hier haben Frauen einfach ein natürliches Gefühl für Anstand und Sitte: sie würden nur unter ganz besonderen Umständen eine Gelegenheit auslassen, ihre Schuhe zu zeigen. Und wir ertragen auch noch mit Gleichmut die ständig wiederkehrenden Fragen, ob wir nicht schon ein paar „schwarze, hohe Schuhe“ hätten…..Ja, so sind wir.

Ein µ voraus?

Für uns Menschen der Moderne, der Gegenwart, die wir Blogs schreiben, lesen, zum Mond fliegen und unseren Müll trennen, die wir die Höhe des Cappuccinoschaums per Smartphone programmieren können und mit unseren Kindern auf Augenhöhe diskutieren, gibt es trotz aller selbstbestimmten Vorteile – bei fast allen gleich – immer mal wieder den Moment völliger Demut. Mussten die Untertanen früher nolens, volens das Knie vor Fürst, König, Diktator beugen – und sei er auch noch so ein garstiger, dicker kleiner Mann – so müssen wir es heute vor den Menschen, die sich ein µ mehr mit der Technik auskennen als wir selbst. Ein µ bezeichnet übrigens ein Millionstel. Abgesehen von ärgerlichen und völlig willkürlichen WLAN-Ausfällen, bei denen sämtliche psychologischen Kenntnisse und Erfahrungen im zuständigen Callcenter benötigt werden, um an den Stereotypen der scheinbaren Kundenfreundlichkeit nicht zu zerschellen und seinen Fall durchzubringen, gibt es auch Zusammentreffen und Kasuistiken im Netz, die es zu bewältigen gilt. Zum Beispiel, wenn sich durch eine neue E-Mail-Adresse im Eingangsbereich Tür und Tor für Potenzmittel, Millionengewinne und unendliche Höhepunkten auf dem heimischen Rechner öffnet.

Schwupps findet man sich morgens beim Löschen von 120 solcher E-Mails wieder und das, obwohl man mit einem Rechner arbeitet, der qua Definition spamfrei sein sollte. Egal. Sich noch darüber aufzuregen wäre energetisch nicht mehr angemessen angesichts des großen Ärgerpotenzials, das die ganze Angelegenheit bietet. Ein Besuch bei Apple ergab, man müsse nur den E-Mail-Account umstellen und dann könnte das Telefon die Änderungen vom Rechner übernehmen und das Löschen hätte ein Ende, da die Einstellungen vom Rechner übernommen würden. Prima. Nach langen Telefonaten mit dem Provider, einem ärgerlichen Gatten und viel weiterer Unbill ging dann irgendwie gar nichts mehr so richtig. Also beherzt zurück zu Apple. Und dort nahm das Schicksal dann endgültig seinen Lauf. Verängstigt an einem Tisch sitzend und auf Peter wartend, fand ich mich neben einer jungen Frau wieder, angesichts deren Problematik meine scheinbar verschwindend gering war (was ich zähneknirschend, aber nicht gerne zugegeben habe). Hatte ich Probleme mit Spams, die sich nicht als solche zeigen wollten und von alleine in ihren Ordner verschwinden wollten, hatte sie das Problem, dass die Technikwelt sie nicht mehr als sie selbst erkennen wollte. Wie in einem dieser schrecklichen Neuzeitkrimis.

Sie hatte das Telefon von ihrem Lebensgefährten bekommen und dann haben sie sich getrennt (wohl nicht sehr freundlich oder gar einvernehmlich) und er hat ihr das Telefon genommen und es seiner neuen Freundin gegeben und nun kommt sie nicht mehr an ihre E-Mails und Telefonnummern dran und auch nicht an ihre Passwörter und kann den Menschen in wiederum einem Callcenter nicht beweisen, dass sie es ist. Sehr unangenehm. Im direkten Vergleich hatte sie tatsächlich gewonnen. Peter, der zwischen uns wie ein beschwichtigender Vater hin- und herpendelte, erlitt angesichts der zu bewältigenden Probleme einen soliden Moment des Größenwahns und drückte selbstherrlich viele Tasten an meinem Account, unter anderem auch die zum Löschen von zwei Accounts, die inaktiv waren (was ich wahnsinnig übergriffig fand, aber nicht mehr in der Lage, es zu stoppen). Kurz und gut – kein Mensch möchte von solchen Dingen auch noch zu lange in einem Blog lesen, wenn er sie mal gerade nicht selbst erlebt – das Problem war schlimmer als zuvor und ich sah keine andere Möglichkeit, als meine Mutter per WhatsApp zu bitten, mich sofort anzurufen, damit ich irgendwie heil wieder aus dieser Abhängigkeitshölle entfliehen konnte. Fühle mich, als hätte ein durch mein Dorf mäandernder Feldherr mir meine Lieblingsziege gestohlen.

Nachtrag: Es ist mir jetzt gelungen, den Ursprungszustand durch Zufall halbwegs wieder herzustellen, allerdings habe ich alle Demut aufgebraucht und werde in nächster Zeit unbarmherzig und gar nicht nachsichtig sein. Dies nur zur freundlichen Information.

Beim Dschidschi

Diese Woche ist so schnell verflogen wie die Piste unter meinen Füßen die meiste Zeit des Tages. Kaum da, schon wieder fort – ein Elend. Wir haben so viel erlebt, Kleinigkeiten, Begegnungen, Gespräche belauscht, in menschliche Abgründe geschaut, schlechtes Benehmen erlebt und Lebenskonzepte kennengelernt, die uns staunen machen. Wir haben mitbekommen, wie Menschen, die meinen, nur weil sie bezahlten, hätten sie gleich alles gekauft, andere schlecht behandeln und wir haben beobachtet, wie das Leben an einer Schneebar abläuft. An dieser Stelle mein Tipp: sollte man sich als Frau mal nicht so gut fühlen (das kommt ja vor, dass man kurz vor dem Hausverlassen gesehen hat, dass die Skihose einen ziemlich dicken Po macht oder Ähnliches): einfach an eine Skibar stellen. Den Rest erledigt der Barmann. So er denn Österreicher und am Umsatz beteiligt ist. Mit viel Getöse werden dann Roséchampagnerflaschen mit dem Säbel geköpft und Frauen eingeschenkt, die eigentlich gerade ihren Almdudler oder eine Cola bestellt hatten. Und dann geht’s dahin, wie der gepflegte Österreicher sagt. Solchen Gastronomieprofis zuzuschauen ist wahrlich eine Freude. Aber eigentlich wollte ich ja von der zweiten leidgeprüften Gastronomennation, den Italienern und hier von einem ganz besonderen erzählen. Nämlich von meinem allerbesten neuen Freund, Gigi, den man nicht Schischi ausspricht, sondern Dschidschi.

Der Dschidschi arbeitet in einer Pizzeria, die Bekannte von uns als „die abgefuckte Bude gegenüber der Sportalm“ zu nennen pflegen. Und ja, tatsächlich, das Restaurant macht nicht viel her, ist eher schäbig, mit Topfpflanzen und Fließenboden und vor dem Eingang hängt ein durchsichtiger Plastikvorhang, damit es nicht kalt reinweht. Das ist notwendig, denn entgegen des unscheinbaren Äußeren besticht die Pizzeria durch Dschidschi und seine einzigartig gute Küche. Und deshalb geht auch die Türe ununterbrochen auf und zu. Denn Luca, der junge Mann, der das Etablissement inzwischen alleine managt und das meine ich nicht nur im Servieren, sondern auch im Domptieren (gibt es gar nicht das Wort – erstaunlich!!!) von Gästen, ist sehr strikt. Wenn kein Platz ist, ist kein Platz. Da gibt es kein: Warten Sie zehn Minuten, sondern ein: Rufen Sie an und reservieren Sie. Wir waren letztes Jahr schon oft dort, weil ich außerhalb von Italien selten so gut gegessen habe, aber da war noch die Brigitte da und die hat ein bisschen Flair weggenommen, obwohl sie supernett war. Aber sie war eben nicht Luca.

Jedenfalls haben wir gleich am ersten Abend erlebt, wie ein Tisch voller Gäste sich immer wieder beschwert hat, es ginge zu langsam, das passe nicht, jenes auch nicht, etc. Eine Pizza wurde sogar zurück in die Küche geschickt und ich konnte nur ab und zu einen Blick auf den Koch erhaschen und ein paar Gesprächsfetzen, die zwischen ihm und Luca hin- und herflogen. Der Koch hatte eindeutig meine Mentalität, was seine Kunstwerke anging. Er konnte es nur schwer verkraften, wenn daran – an einem perfekten Produkt, mit Liebe zubereitet – herumgemäkelt wurde. Als wir gegangen sind, habe ich ihm kurz gesagt, dass ich ihn für seinen Langmut bewundere und dass ich mit einem Messer an den Tisch gegangen wäre. Daraufhin hat er so sehr gelacht und ab dem Moment waren Dschidschi und ich die allerbesten Freunde. Das nächste Mal darf ich mir Polpette wünschen, die sind nämlich nicht auf der Karte, weil der Patrone ein dicker, bockiger und angsteinflößender Mann ist, der nicht gerne Neues auf der Karte vorfindet. Jetzt sind wir also wieder da und das Leben nimmt seinen normalen Schwung wieder auf. Vieles hab ich auf den Pisten gelassen und Vieles dazugewonnen. War echt schön.