Frohe Weihnachten

Irgendwie hat mich in den letzten Wochen das Leben überholt und ich hatte wenig Gelegenheit, Gedanken – von wo auch immer – zu haben. Ich hatte zwar Gedanken, die waren aber rein planerischer Art. Wenig Reflektierendes, gar Kontemplatives konnte stattfinden. Dabei ist mir klar geworden, was das für ein Luxus ist, sein Leben fast parallel zu seinen Geschehnissen und dem Erlebten zu reflektieren, es einsortieren zu können, abzugleichen mit Erfahrungen und Werten und es so in ein Gesamtkonzept zu integrieren. Ich habe in diesen letzen Wochen alles Mögliche sortiert, aussortiert, einsortiert und integriert. In der Wohnung meiner Mama, in unserer neuen Wohnung in Paris, in meinem Gefühlsleben. Mein Ostheopath meinte gestern, mein Herz sei heiß gelaufen und die Lunge gepresst. So hab ich mich auch gefühlt. Daran war nichts zu ändern. Das sind Phasen im Leben jedes Menschen und auch die müssen er- und gelebt werden. Sie dienen der Weiterentwicklung. Und wenn ich eines aus diesem Jahr gelernt habe, dann das: Nichts ist schrecklicher als die eigenen Gedanken, die Vorstellungen und die Ängste. Alles wird leichter und lässt sich schaffen, wenn man es angeht, anstatt Angst davor zu haben.

Ich danke Euch lieben treuen Lesern, stillen und natürlich besonders den Aktiven, für, tja, eben Eure Treue und Euer nimmermüdes Interesse an meinen Gedanken. Ein paar neue Leser haben wir dazu gewonnen, denn seit mein Prunkschaf nicht mehr die Exklusivität hat, fällt es mir leicht, über die „Gedanken“ zu sprechen. Auch davor habe ich keine Angst mehr. Es kann weniger passieren, wenn das, was seit Jahren über einem gedräut hat, geschehen ist, wenn ein Projekt, das einem seit Jahren wie ein Damoklesschwert über dem Kopf hängt, durchgezogen ist und auch noch schön war. Mir ist natürlich vollkommen klar, dass es Menschen gibt, die all das nicht verstehen, sagen, „so what? That’s life“, aber die hätten vielleicht auch keinen Blog, in dem sie sich über Dieses und Jenes Gedanken machen. Kurzum: ich bin mehr als in jedem anderen Jahr dankbar für all das, was ich erleben durfte und vor allem für die Menschen in meinem Leben, die mir unermüdlich – jeder auf seine Art – beigestanden haben. Es klingt wie eine Oscar-Rede und ja, für mich war dieses Jahr ein riesiges Projekt und ganz nebenbei war ich selbst das Projekt.

Ich wünsche Euch von Herzen Frohe Weihnachten und wunderbare kuschelige Feiertage mit all Euren Lieben und ich verspreche Euch im Neuen Jahr viele Geschichten über großohrige alte Sizilianer, Fischhändler und vor allem meinen schon jetzt sehr lieb gewonnenen „Luigi“. Seid gespannt. Buon Natale, joyeux Noel!

Maria und Josef

Heute in der Stadt (wo wir uns vollkommen entspannt, weil wir schon alles erledigt haben, nur noch die Zeit bis zum Mittagessen vertreiben wollten und zufällig noch ein klitzekleines Geschenk für mich gefunden haben!!!) war die Frage der Fragen: „Und? Wo geht ihr hin?“ Sie wurde beim Metzger diskutiert, in der Boutique (wo wir besagtes klitzekleines Geschenk gefunden haben!!), in der Apotheke und einfach so auf der Straße. Allüberall wird natürlich darüber gesprochen, wo man die Zeit ab acht Uhr am Weihnachtsmorgen verbringen wird. Manche gehen zu Verwandten, manche in die leere Wohnung von Freunden und wieder andere fahren „einfach mal in die Berge“. Man staunt, wie viele Menschen dann doch in der Inneninnenstadt wohnen. Natürlich meist supernette Menschen, deren Kinder schon aus dem Gröbsten raus sind. Coole Typen, die unser pulsierendes Augsburger Leben lieben und gerne mitten im Geschehen sind. Wie sintemal bei Maria und Josef wird entschieden, was mitgenommen werden soll und meine Freundin, die quasi auf der Bombe wohnt, nimmt zur Sicherheit auch mal ein paar Fotoalben mit. Sie ist im Schwäbischen und kehrt erst am 2. Weihnachtsfeiertag zurück, wenn hoffentlich alles vorbei ist.

Offenbar sind jetzt alle untergebracht und der weihnachtliche Frieden kann Einzug halten. Zumindest bevor wir ausziehen wie Maria und Josef. Auch bei mir im Haus sind die süßen älteren Herrschaften alle versorgt. Ich wohne in einem Haus, in dem die Menschen zum Teil seit der Erbauung vor vierzig oder mehr Jahren leben. Das ist eine wahrlich eingeschworene Gemeinschaft, in die ich mich in knapp siebzehn Jahren hineingewühlt habe. Durch Grüßen, durch Kümmern und durch viele, viele Pakete, die ich bei ihnen abgeholt habe. Wir mögen einander, plaudern auf der Treppe, trauern miteinander, wenn vereinzelt welche für immer gehen müssen und helfen uns aus (meist sie mir mit Eiern, Mehr und sonstigem Kram, den man offenbar immer zuhause haben sollte, ich aber nicht. Ich habe dafür immer an die zehn Kilo Nudeln oder Feigenmarmelade, aber die will sich selten jemand ausleihen, was ich nicht verstehe). Ansonsten sehen wir uns fast nie, was sehr angenehm ist und behelligen einander auch nicht groß. Aber wenn zum Beispiel eine Evakuierung ansteht, dann halten wir auch zusammen. Und so habe ich auch heute Morgen erneut bei meinen direkten Nachbarn angerufen und sie gefragt, welche Pläne sie haben. Ein bisschen lapidar sagte mir Erich, er wolle ins Hotel, würde dann „irgendwann morgen buchen“.

Das mag er sich so gedacht haben, gebucht hat er allerdings zwei Minuten nach unserem Telefonat. Und zwar ebenfalls beim Herrn Eberle wie wir alle. Und so sehe ich nach dem Schock nunmehr wahrhaft fröhlichen Weihnachten entgegen. Bei einem großen Brunch, in einer Herberge ohne Stroh, sondern mit Federbetten, ohne Kleinkind in Windeln, was zur Abwechslung ja auch mal ganz schön sein kann, dafür aber sicherlich mit einigen Ochsen und Eseln, darauf würd ich Haus und Hof verwetten. Ich bin mir sicher, wir werden eine Bombenstimmung haben und ganz ehrlich kann ich mir schon jetzt kaum mehr vorstellen, was wir ohne unsere HC 4000 getan hätten. Zumindest nicht, worüber wir gesprochen hätten. Daumen drücken da draußen, dass alles gut geht! Bisschen mulmig ist mir ja doch….Sollten wir uns nicht mehr hören, lesen, sehen (ich meine jetzt vor Weihnachten, soooooo pessimistisch bin ich nicht): Frohe Weihnachten für euch lieben, treuen Leser da draußen! Wenn es euch nicht gäbe, hätte ich am Ende gar keine Gedanken. Zumindest nicht so viele. Oder nicht so häufig. Oder sie kämen nicht aus mir heraus. Am Ende würde ich gar explodieren….oh mei….